Deutsches Kaiserreich 1871-I: Unterschied zwischen den Versionen
Zeile 9: | Zeile 9: | ||
<br> | <br> | ||
− | ==<center> '''In Versailles wird Wilhelm | + | ==<center> '''In Versailles wird Wilhelm I. von Preußen zum deutscher Kaiser ausgerufen''' </center>== |
==<center> '''Frankreich erleidet eine Niederlage im Krieg gegen die deutschen Länder''' </center>== | ==<center> '''Frankreich erleidet eine Niederlage im Krieg gegen die deutschen Länder''' </center>== | ||
==<center> '''Frankreich tritt Elsass-Lothringen an Deutschland ab''' </center>== | ==<center> '''Frankreich tritt Elsass-Lothringen an Deutschland ab''' </center>== |
Aktuelle Version vom 20. März 2021, 21:19 Uhr
DEUTSCHES KAISERREICH
Hauptstadt: Berlin (seit 1867)
Chronik des 1. Quartals 1871
Chronik des Zeitraums vom 18. Januar bis zum 31. März 1871
In Versailles wird Wilhelm I. von Preußen zum deutscher Kaiser ausgerufen
Frankreich erleidet eine Niederlage im Krieg gegen die deutschen Länder
Frankreich tritt Elsass-Lothringen an Deutschland ab
Hauptseite | |||||
Jahres-Chroniken | |||||
Länderchroniken |
Chronik des Deutschen Bundes des Jahres ... 1861 - 1862 - 1863 - 1864 - 1865 - 1866 | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Chronik des Norddeutschen Bundes des Jahres ... 1866 - 1867 - 1868 - 1869 - 1870 | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Chronik des Deutschen Bundes ... des Zeitraums vom 15.11. bis zum 10.12.1870 | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Chronik des Deutschen Reiches ... zwischen 10.12.1870 und 17.01.1871 | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
I. Quartal 1871 - April 1871 - Mai 1871 - Juni 1871 - Juli 1871 - August 1871 - September 1871 - Oktober 1871 - November 1871 - Dezember 1871 | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
fortlaufende Ereignisse |
| |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
70px 70px |
Deutsches Kaiserreich / Norddeutscher Bund / Königreich Bayern / Königreich Preußen / Königreich Württemberg / Großherzogtum Baden / Großherzogtum Hessen-Darmstadt / Französische Republik Im Spiegelsaal des Schlosses von Versailles wird König Wilhelm Friedrich Ludwig von Preußen, seit 1961 König von Preußen und seit 1866 Präsident des Norddeutschen Bundes, durch König Ludwig II. von Bayern im Namen der deutschen Fürsten zum Deutschen Kaiser ausgerufen. Damit entsteht aus dem Norddeutschen Bund und den vier süddeutschen Staaten Bayern, Württemberg, Baden und Hessen-Darmstadt unter preußischer Führung der erste deutsche Nationalstaat. Der neue deutsche Gesamtstaat hat eine Einwohnerzahl von 30.627.126 Menschen. Im letzten Jahr stieg die Bevölkerung um 3,6 Prozent. Wilhelm ist der zweite Sohn des Kronprinzenpaares Friedrich Wilhelm von Preußen und Luise von Mecklenburg-Strelitz, Tochter des Herzogs Karl II. von Mecklenburg-Strelitz. Am 1. Januar 1807 – Preußen hatte am 14. Oktober 1806 bei Jena und Auerstedt eine vernichtende Niederlage gegen Napoleon hinnehmen müssen – ernannte sein Vater den neunjährigen Wilhelm zum Leutnant. Wilhelm war 13-jährig, als seine Mutter Luise verstarb. Seit März 1813 hatte Wilhelm einen neuen Erzieher in Gestalt des preußischen Oberst Johann Georg Emil von Brause erhalten, der ihm auch nach dem Ausscheiden aus der Gouverneursstellung im September 1817 in väterlicher Freundschaft lebenslang verbunden blieb. 1814 begleitete er, zum Hauptmann ernannt, seinen Vater auf den Feldzug in Frankreich, erwarb sich bei seiner Feuertaufe bei Bar-sur-Aube am 26. Februar das Eiserne Kreuz II. Klasse, zog am 31. März mit in Paris ein, folgte seinem Vater auch beim Besuch in England und führte, am 8. Juni 1815 konfirmiert und zum Major ernannt, ein Bataillon des 1. Garderegiments von neuem nach Frankreich, wo indes der Krieg schon zu Ende war. Am 1. Januar 1816 erhielt er das Kommando des Stettiner Gardelandwehrbataillons, 1818 als Generalmajor das Kommando einer Gardeinfanteriebrigade, am 1. Mai 1820 den Oberbefehl über die 1. Gardedivision und wurde zum Generalleutnant befördert. Am 22. März 1824 übernahm er die Führung des III. Armeekorps, schließlich kommandierte er von 30. März 1838 bis 22. Mai 1848 das Gardekorps. Nachdem er 1826 auf die Heirat mit der Prinzessin Elisa Radziwill verzichtet hatte, weil diese vom König nicht als ebenbürtige Partnerin eines preußischen Prinzen angesehen wurde, vermählte er sich am 11. Juni 1829 mit der Prinzessin Augusta von Sachsen-Weimar-Eisenach, der Tochter des Großherzogs Karl Friedrich von Sachsen-Weimar-Eisenach, deren Schwester Maria die Gemahlin seines jüngeren Bruders Karl war. Die Ehe kam letztendlich auf Betreiben seines Vaters zustande und verlief nicht sonderlich glücklich. Die intelligente, musisch begabte und am Weimarer Hof liberal erzogene Augusta war ihrem Mann intellektuell überlegen und fühlte sich am steifen und nüchternen Berliner Hof nicht wohl; Wilhelm fühlte sich dagegen von seiner Frau auch nicht sonderlich angezogen. Ihm gelang es jedoch, seine Liebschaften sowohl vor seiner Frau als auch vor der Öffentlichkeit verborgen zu halten. Aus der Ehe gingen zwei Kinder hervor:
Augusta war auch politisch interessiert; sie versuchte zeitlebens, ihren Mann in Richtung einer liberaleren Haltung zu beeinflussen, was ihr wohl zeitweise (so galt Wilhelm in den fünfziger Jahren geradezu als die große Hoffnung der Liberalen), aber nicht dauerhaft gelang. Otto von Bismarck schrieb viele Jahre später in seiner Autobiographie Gedanken und Erinnerungen über Wilhelms eigenwillige Gemahlin, dass sie zwar von hohem Pflichtgefühl getragen sei, aber aufgrund ihres königlichen Empfindens keine Autorität als ihre eigene gelten ließe. Nach dem Tod seines Vaters (1840) erhielt er als präsumtiver Thronfolger seines Bruders Friedrich Wilhelm IV. den Titel „Prinz von Preußen“ und wurde bald darauf zum General der Infanterie befördert. Im März 1848 setzte sich Prinz Wilhelm unter dem Druck der Ereignisse der Märzrevolution zwar für die Bewilligung einer konstitutionellen Verfassung ein, wollte aber dennoch die Barrikadenrevolution vom 18. März 1848 in Berlin unter der Führung des Kommandanten der Bürgerwehr, Major Otto Rimpler, mit militärischer Gewalt niederschlagen lassen. Er plädierte dafür, das Militär aus der Stadt abzuziehen und diese von außen mit Kanonen (Kartätschen) sturmreif zu schießen. Deswegen wurde er „Kartätschenprinz“ genannt. Nach den Forschungen von Rüdiger Hachtmann von 1997 blieb dem preußischen Militär am 19. März angesichts der heftigen Barrikadenkämpfe nur der Weg des Rückzugs, wollte es unter dem zermürbenden Straßenkampf nicht nach und nach aufgerieben, politisiert oder nervlich zerrüttet werden. Prinz Wilhelm war wegen seines Plädoyers für eine militärische Lösung bei den Anhängern der Revolution derart verhasst, dass er vom klug taktierenden König den Befehl erhielt, umgehend nach London zu reisen. Am 20. März wurde das Berliner Palais des Prinzen durch einen einfachen Mann vor Brandstiftung und Zerstörung gerettet, der auf die Wand die Worte „National-Eigentum“ schrieb. Der Prinz floh mit Hilfe des Majors im Stab des Gardekorps August Friedrich Oelrichs aus Berlin und reiste unter dem Decknamen Wilhelm Oelrichs am 23. und 24. März nach London. Bei der Abreise soll Augusta den Major schriftlich instruiert haben, „welche Ansichten“ er „dem Prinzen gegenüber geltend zu machen habe“. In London verkehrte Wilhelm mit Prinzgemahl Albert, Robert Peel, John Russell, Henry John Palmerston und anderen Staatsmännern und klärte seine politischen Anschauungen. An den deutschen Einheitsbestrebungen nahm er lebhaften Anteil. Die Berliner sangen derweil Spottlieder auf ihn: "Schlächtermeister Prinz von Preußen, komm doch, komm doch nach Berlin! Wir wollen dich mit Steinen schmeißen und die Barrikaden ziehn." Prinzessin Augusta weilte derweil mit den beiden Kindern in Potsdam. Anfang Juni kehrte Wilhelm nach Berlin zurück. Am 30. Mai hatte sich der Prinz in Brüssel öffentlich und schriftlich zur konstitutionellen Regierungsform für Preußen bekannt und so auf die Demonstration von 10.000 Berlinern gegen seine Rückkehr reagiert. Zum Abgeordneten in die preußische Nationalversammlung gewählt, nahm er zwar das Mandat an, aber, nachdem er in einer kurzen Rede seine konstitutionellen Grundsätze dargelegt hatte, kündigte er die Niederlegung seines Abgeordnetenmandats an und kehrte nach Potsdam zurück. Im September ernannte der König auf seinen Vorschlag einige Minister des neuen gegenrevolutionären Ministeriums des Generals von Pfuel. Am 8. Juni 1849 ernannte der Reichsverweser Johann von Österreich Wilhelm zum Oberkommandierenden der „Operationsarmee in Baden und in der Pfalz“, die aus den preußischen Korps Hirschfeld und Groeben und dem Neckarkorps des Deutschen Bundes bestand. Aufgabe war die Niederschlagung der Revolutionen in der Pfalz und in Baden. Nachdem Wilhelm bei Ingelheim einem Attentat entgangen war, unterwarf die Operationsarmee in wenigen Wochen die Aufständischen. Seit dem Feldzug gehörte der damalige Stabschef Hirschfelds und spätere Heeresreformer Albrecht von Roon zu Wilhelms persönlichem Umkreis. Mit der Einnahme der Festung Rastatt, der letzten Bastion der Revolutionäre, wurde zugleich auch die Märzrevolution in Deutschland endgültig niedergeschlagen. Die Siegesfeier fand mit dem gemeinsamen Einzug des Großherzogs Leopold von Baden und Wilhelms am 19. August in Karlsruhe statt. Am 12. Oktober zog er an der Spitze von Truppen, die in Baden gekämpft hatten, in Berlin ein und wurde zum Generalgouverneur der Rheinprovinz und der Provinz Westfalen ernannt. Seinen Wohnsitz nahm er in Koblenz, der Hauptstadt der Rheinprovinz. 1854 wurde er zugleich Generaloberst der Infanterie mit dem Rang eines Generalfeldmarschalls und Gouverneurs der Festung Mainz. Augusta und Wilhelm von Preußen residierten gemeinsam im Kurfürstlichen Schloss in Koblenz von 1850 bis 1858. Insbesondere Prinzessin Augusta fühlte sich in Koblenz wohl; hier hatte sie endlich die Gelegenheit, ein Hofleben zu gestalten, wie sie es aus ihrer Kindheit am Weimarer Hof gewöhnt war. Ihr Sohn Friedrich studierte im nahen Bonn Rechtswissenschaften und war damit der erste preußische Thronfolger, der eine akademische Ausbildung erhielt. Auch daran war Augustas Einfluss maßgeblich beteiligt. Am Koblenzer Hof verkehrten insbesondere auf das Betreiben von Prinzessin Augusta hin liberale Menschen wie der Historiker Maximilian Duncker, die Rechtsprofessoren August von Bethmann-Hollweg und Clemens Theodor Perthes sowie Alexander von Schleinitz.[3] Auch Wilhelm nahm unter dem Eindruck der 1848er Revolte eine politisch gemäßigtere Haltung an, die bei seinem regierenden Bruder auf Unwillen stieß. Kritisch wurde Prinzessin Augustas tolerante Haltung gegenüber dem Katholizismus beobachtet, die in der Koblenzer Zeit besonders offensichtlich wurde – eine Haltung, die man in einer Zeit, als die religiöse Konfession noch eine große Bedeutung hatte, bei einer preußisch-protestantischen Prinzessin als unpassend empfand. Die früher dem Prinzen ungünstige Stimmung war infolge seiner Zurückhaltung gegenüber den extremen Positionen der politischen und kirchlichen Reaktion und des Junkertums so sehr in das Gegenteil umgeschlagen, dass er, besonders seit den Verwicklungen mit Österreich und seit dem Krimkrieg, als Hauptvertreter der Machtstellung Preußens galt, und dass alle Hoffnungen der patriotischen und liberalen Partei sich ihm zuwandten, als er während der Erkrankung des Königs am 23. Oktober 1857 als dessen Stellvertreter und ab 7. Oktober 1858 als Regent an die Spitze der Regierung trat. Nachdem er am 26. Oktober den Eid auf die Verfassung geleistet hatte, berief er am 5. November das liberale Ministerium Hohenzollern („Neue Ära“) und legte am 8. November in einem Erlass an dieses seine Regierungsgrundsätze und Ziele dar. Zwar betonte er, dass von einem Bruch mit der Vergangenheit nicht die Rede sein könne; er erklärte sich aber entschieden gegen alle Scheinheiligkeit und Heuchelei; ebenso sprach er sich dagegen aus, dass Preußen sich in der auswärtigen Politik fremden Einflüssen hingebe, vielmehr müsse es durch eine weise Gesetzgebung, Hebung aller sittlichen Elemente und Ergreifung von Einigungsmomenten in Deutschland Eroberungen zu machen suchen. Diese Aussagen fanden im Volk und bei dem neu gewählten, überwiegend liberalen Abgeordnetenhaus Beifall, da vor allem der Einfluss der kirchlichen Reaktion und die russische Politik Friedrich Wilhelms IV. Unwillen hervorgerufen hatten, und wurden fast allein beachtet; viel zu wenig dagegen die Worte des Prinzen, in denen er von der notwendigen Heeresreform und den dazu erforderlichen Geldmitteln sprach, da Preußens Heer mächtig und angesehen sein müsse, wenn Preußen seine Aufgabe erfüllen solle. Dies sah der Prinz als seine Hauptaufgabe an, und der Verlauf der Ereignisse von 1859, als die Mobilmachung auf große Schwierigkeiten stieß und bedeutende Mängel im Heerwesen aufdeckte, konnte ihn nur darin bestärken. Die Majorität des Abgeordnetenhauses war jedoch nicht bereit, im Vertrauen auf des Prinzen konstitutionelle und deutsch-nationale Gesinnung und Politik die Mehrkosten der 1860 eingebrachten durchgreifenden Heeresreorganisation definitiv zu bewilligen. Nach dem Tod seines Bruders Friedrich Wilhelm IV. am 2. Januar 1861 bestieg Wilhelm den preußischen Thron. Am 18. Oktober 1861 fand die prachtvolle Krönungsversammlung in Königsberg in der Schlosskirche statt. Wilhelm setzte sich selbst die Krone aufs Haupt und nahm das Zepter, den Reichsapfel und das Reichsschwert vom Altar, danach krönte er seine Frau zur Königin und sagte: „Von Gottes Gnaden tragen Preußens Könige seit 160 Jahren die Krone. Nachdem durch zeitgemäße Einrichtungen der Thron umgeben ist, besteige ich als erster König denselben. Aber eingedenk, dass die Krone nur von Gott kommt, habe ich durch die Krönung an geheiligter Stätte bekundet, dass ich sie in Demut aus seinen Händen empfangen habe.“ Die Krönung stellte einen Kompromiss zwischen der von Wilhelm bevorzugten Erbhuldigung und der von der Verfassung vorgeschriebenen Eidesleistung des Königs im Parlament dar und verstärkte das Misstrauen gegen die konstitutionellen Ansichten des Königs. Interessanterweise stellt Menzel in seinem Gemälde „Krönung Wilhelms I.“ nicht die eigentliche Krönung, sondern die Eidesleistung des neuen Königs dar. In gleicher Weise wurde der König, als Statue, auch auf dem Kaiser-Wilhelm-Platz in Königsberg dargestellt. Die Neuwahlen am 6. Dezember 1861 wurden durch die neu gegründete Deutsche Fortschrittspartei sehr deutlich gewonnen (auf Anhieb mit 104 Abgeordneten in der Kammer). Mit dem Rücktritt des Ministeriums der Neuen Ära (17. März 1862), das der König fallen ließ, weil es im Abgeordnetenhaus die Bewilligung der Mittel für die tatsächlich bereits durchgeführte Heeresreorganisation nicht erreichen konnte, begann der Verfassungskonflikt. Der König hielt zäh an der Heeresreform fest, auch weil er die staatsrechtliche Grundsatzfrage des Verhältnisses von König und Parlament berührt sah. Da er sich in seinen Machtbefugnissen als souveräner Herrscher in Frage gestellt sah, dachte er zeitweise sogar an Abdankung. Die entsprechende Urkunde war bereits unterzeichnet, als Otto von Bismarck – auf Initiative des Kriegsministers Albrecht von Roon – den König von diesem Schritt abhielt. Bismarck erklärte sich bereit, als Ministerpräsident auch ohne genehmigten Haushalt (Lückentheorie) zu regieren und die Heeresreform durchzusetzen. Durch die Ernennung Bismarcks zum preußischen Ministerpräsidenten am 23. September 1862 und die Unterstützung seines Ministeriums gegen das Abgeordnetenhaus verlor der König seine frühere Popularität, wie sich besonders bei den 50-jährigen Erinnerungsfesten an die Befreiungskriege 1863 und an die Vereinigung verschiedener Provinzen mit Preußen 1865 zeigte. Während zugleich die Reformen im Innern völlig stockten, ja vielfach ein schroffes Polizeiregiment zur Herrschaft kam, ließ sich der König von Bismarck zu einer entschiedenen Politik in der deutschen Frage bestimmen. Erfolge in der Deutschlandpolitik sollten von dem autoritären Regiment im Inneren ablenken und die politischen Gegner mit der Zeit ins eigene Lager ziehen. Die erste Gelegenheit dazu bot der Deutsch-Dänische Krieg von 1864, in dem Preußen und Österreich gemeinsam als Wahrer deutscher Interessen in den mit Dänemark verbundenen Herzogtümern Schleswig und Holstein auftraten. Wie von Bismarck kalkuliert, kam es nach dem Sieg über die weitere Behandlung Schleswig-Holsteins zum Konflikt mit Österreich, mit dem Preußen damals noch immer um die Führung im Deutschen Bund konkurrierte. Der König erhielt das Siegestelegramm von der Schlacht bei Düppel auf der Rückfahrt von einer Truppeninspektion auf dem Tempelhofer Feld. Augenblicklich kehrte er um, um den Soldaten die Siegesbotschaft zu verkünden. Im Anschluss fuhr er zum Kriegsschauplatz, wo er am 21. April 1864, bei einer Parade auf einer Koppel zwischen Gravenstein und Atzbüll, den „Düppelstürmern“ persönlich dankte. Obwohl Wilhelm zunächst nur widerstrebend Bismarcks Politik gefolgt war, eine kriegerische Entscheidung gegen Österreich zu suchen, übernahm er im preußisch-österreichischen Krieg von 1866 selbst den Oberbefehl über das Heer und errang dank der überlegenen strategischen Planung des Generalstabschefs Helmuth von Moltke den kriegsentscheidenden Sieg in der Schlacht von Königgrätz. Bei den Friedensverhandlungen folgte er wiederum Bismarcks Rat und verzichtete, wenn auch ungern, auf die Annexion Sachsens, um Bismarcks deutsche Einigungspläne nicht zu durchkreuzen. Die durch den gewonnenen Krieg ausgelöste patriotische Begeisterung bot eine günstige Gelegenheit zur Beendigung des Verfassungskonflikts. Durch die Indemnitätsvorlage von 1866 genehmigte der preußische Landtag nachträglich die Staatshaushalte seit 1862. Wilhelm lenkte wieder stärker in liberale Bahnen ein. Die verhassten Minister der Konfliktsperiode wurden entlassen und machten Anhängern einer freisinnigen Reform Platz. Mit der Gründung des Norddeutschen Bundes vom 1. Juli 1867 wurde Wilhelm der Inhaber des Bundespräsidiums. Im Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71 übernahm Wilhelm wieder den Oberbefehl über die gesamte in Frankreich einrückende Armee, befehligte selbst bei Gravelotte und bei der Schlacht bei Sedan; zudem leitete er seit Oktober 1870 von Versailles aus nominell die militärischen Operationen und die politischen Verhandlungen über die Gründung des Deutschen Reichs. Tatsächlich spielt auch hierbei Bismarck die wesentliche Rolle. Wilhelm war nur schwer davon zu überzeugen, Preußen künftig in einem gesamtdeutschen Nationalstaat aufgehen zu lassen, auch wenn er selbst an dessen Spitze treten sollte. Der Annahme des Titels "Deutscher Kaiser" widersetzte er sich noch bis zum Vorabend der Kaiserproklamation im Spiegelsaal von Versailles. Auf dem Palais Unter den Linden in Berlin wird nun die neue Kaiserstandarte gehisst. Die bisherige preußische Hauptstadt soll zur Kaiserstadt werden. | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Französische Republik / Deutsches Kaiserreich Bei Saint Quentin haben die Spitzen der französischen Nordarmee unter dem Kommando von General Louis Léon César Faidherbe und der deutschen 1. Armee unter Kommando von General August Karl von Goeben, der seit dem 9. Januar das Kommando von General Edwin Freiherr von Manteuffel übernommen hat, ersten Feindberührungen. General von Goeben hat die Aufgabe, die Belagerung von Paris nach Norden hin abzusichern; seine Armee befindet sich zwischen Amiens und Saint Quentin an der Somme. Der Schwerpunkt der deutschen Armee wird in die Nähe von Saint-Quentin verlagert. Im Laufe dieser ersten Gefechte gelingt es, die französischen Einheiten auf Saint Quentin abzudrängen. Obwohl zahlenmäßig unterlegen, versuchen die Deutschen sofort, die Franzosen an der Flanke zu umfassen und in der Stadt Saint Quentin einzuschließen. Bei St. Valbert und Clairegoutte im Département Haute-Saône in der Region Franche-Comté finden Gefechte zwischen deutschen und französischen Streitkräften statt. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Französische Republik / Deutsches Kaiserreich Bei Saint Quentin findet eine neue Schlacht zwischen der französischen Nordarmee unter dem Kommando von General Louis Léon César Faidherbe und der deutschen 1. Armee unter Kommando von General August Karl von Goeben statt. Am Vortag war es bei erster Feindberührung den deutschen Einheiten gelungen, die französischen Einheiten auf Saint Quentin abzudrängen. Obwohl zahlenmäßig unterlegen, versuchten die Deutschen sofort, die Franzosen an der Flanke zu umfassen und in der Stadt Saint-Quentin einzuschließen. Diese Umfassung gelang jedoch nicht, da sich die Franzosen nach mehreren erfolglosen eigenen Gegenangriffen rechtzeitig zurückzogen. Dieser Rückzug erfolgte nach Norden in Richtung Cambrai und wurde von der Artillerie gedeckt. Insgesamt ziehen sich die Gefechte von 08:00 Uhr bis nach 19:00 Uhr hin. Der Rückzug der Franzosen hat beinahe Fluchtcharakter und wird trotz der nur schwachen Verfolgung durch preußische Verbände sehr schwer und verlustreich. Nach der Schlacht und dem Rückzug stellt die Nordarmee für die deutsche Führung keine ernsthafte Bedrohung mehr dar. Die Verluste betragen nahezu ein Drittel der Truppenstärke, darunter besonders viele Gefangene. Außerdem sind auch sechs Geschütze und andere Ausrüstung verloren gegangen. Innerhalb von nur knapp einer Woche haben die Franzosen nunmehr vier schwere Niederlagen erlitten. Es gibt nach dieser Schlacht keinen Großverband mehr, der noch offensiv tätig werden kann. Die Höhe der Verluste wird in verschiedenen Quellen unterschiedlich beziffert. Meyers Konversationslexikon von 1888 gibt die Verluste auf beiden Seiten mit jeweils ca. 3.100 Mann und die Zahl der französischen Kriegsgefangenen mit 10.000 Mann an. Auch zu den Truppenstärken gibt es widersprüchliche Angaben. Für die deutsche Seite werden 33.000 Mann und für die französische ca. 40.000 angegeben. Die in der Schlacht an der Lisaine vor zwei Tagen geschlagene französische Ostarmee wird durch deutsche Verbände unter General August von Werder verfolgt. Der geplante Rückzug in Richtung Lyon wird für General Charles Denis Bourbaki nicht mehr möglich. Die Täler des Jura in Richtung Lyon sind bereits von der neu gebildeten Südarmee mit dem 2. und 7. Korps unter dem Kommando General Edwin Freiherr von Manteuffels mit 60.000 Mann und 168 Geschützen besetzt worden. Die Reste der Ostarmee haben somit nur noch die Wahl einer Schlacht gegen zahlenmäßig starke, ausgeruhte, erfahrene und gut ausgerüstete deutsche Verbände, was für die völlig erschöpften und desorganisierten Truppen zu einer Katastrophe führen würde, und dem Übergang in die Schweiz, um das Leben zu retten. Beginn des Beschusses von Longwy im Département Meurthe-et-Moselle in der Region Lothringen durch deutsche Kanonen. Erneutes Gefecht bei St. Marie im Département Haute-Saône in der Region Franche-Comté zwischen deutschen und französischen Streitkräften. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Französische Republik / Deutsches Kaiserreich Die französischen Verbände im Ort Saint Cloud können ihre Stellungen noch länger erfolgreich gegen die deutschen Gegenangriffe halten, müssen sich aber am Morgen zurückziehen, um einer Einschließung zu entgehen. Für heute ist ein weiterer Angriff geplant. Die zurückgehenden Franzosen ziehen sich daher nur bis zum Fort Mont Valérien zurück und sammeln sich dort für einen weiteren Angriff. Dieser unterbleibt jedoch, wohl auch weil zu diesem Zeitpunkt bekannt geworden ist, dass die Loirearmee geschlagen wurde und das strategische Ziel einer Vereinigung nicht mehr erreicht werden kann. Die französische Gegenoffensive ist an allen Punkten gescheitert, die Pariser Bevölkerung fordert die Kapitulation der Stadt, die von General Louis Jules Trochu mit pathetischen Phrasen abgelehnt wird. Das Oberkommando über Paris und seine 146.000 Verteidiger gibt er an General Joseph Vinoy ab, der gegen den Wunsch Trochus Kapitulationsverhandlungen mit den Deutschen beginnen will. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Französische Republik / Deutsches Kaiserreich Gefecht um Dôle im Département Jura in der Region Franche-Comté und Gefechte um Plombières-les-Bainsund in Daix im Département Vosges in der Region Lothringen zwischen deutschen und französischen Streitkräften. Die preußischen Truppen schließen den Belagerungsring um Belfort immer enger, jedoch bleiben alle Angriffe auf die Festung erfolglos. Belfort wird seit dem 3. November 1870 belagert. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Französische Republik / Deutsches Kaiserreich General Louis Jules Trochu legt sein Amt als Gouverneur von Paris nieder, will aber bis zum Zusammentritt der Nationalversammlung Regierungspräsident bleiben. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Französische Republik / Deutsches Kaiserreich Gefecht um Pouilly-sur-Loire im Département Nièvre im äußersten Westen der Region Burgund sowie Gefechte bei Clerval im Arrondissement Montbéliard und bei Baume-les-Dames im Arrondissement Besancon, beide im Département Doubs in der Region Franche-Comté zwischen deutschen und französischen Streitkräften. Auf Dannemarie, ebenfalls im Département Doubs, wird eine Kanonade auf die Stadt veranstaltet. Außerdem findet bei Villers Farlay im Département Jura in der Franche-Comté ein Gefecht zwischen deutschen und französischen Streitkräften statt. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Deutsches Kaiserreich / Französische Republik
| ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Deutsches Kaiserreich / Vereinigte Staaten von Amerika Wilhelm Christian Weitling (* 5. Oktober 1808 in Magdeburg) stirbt in New York City. Er war ein Frühsozialist mit christlichen Überzeugungen und gilt als erster deutscher Theoretiker des Kommunismus. Weitling war das uneheliche Kind des Dienstmädchens Christiane Weitling und des später in Russland vermissten französischen Besatzungsoffiziers Guillaume Terijon. Er wuchs unter ärmlichen Verhältnissen auf und verstarb auch in ärmlichen Verhältnissen. Weitling war von Beruf Schneidergeselle und schloss sich 1836 in der französischen Emigration in Paris dem Bund der Geächteten an. Dieser Bund war eine Vereinigung vor allem deutscher Handwerksgesellen, die wegen ihrer demokratisch-revolutionären Gesinnung aus den deutschen Kleinstaaten verfolgt worden waren und in Frankreich im Exil lebten. Ideologisch standen sie in der Tradition des französischen Frühkommunisten Gracchus Babeuf und dessen Revolutionstheorien, wie sie durch die Schriften des Italieners Filippo Buonarroti überliefert worden waren. Über Kontakte mit umherziehenden Wandergesellen verbreitete der Bund seine Ansichten im deutschsprachigen Raum. Unter der Führung Weitlings spaltete sich 1836 eine große Gruppe vom Bund der Geächteten ab und nannte sich fortan Bund der Gerechten. Inhaltlich drückte dies eine Hinwendung zur sozialen Agitation weg von der Verschwörungstaktik aus. Der Bund der Gerechten verlegte 1839 seinen Sitz von Paris nach London, nachdem ein Aufstandsversuch gegen die französische Julimonarchie unter Bürgerkönig Louis Philippe I. gescheitert war. In London wurde die Organisation verstärkt von Karl Marx und Friedrich Engels beeinflusst. 1847 wurde der Bund der Gerechten in Bund der Kommunisten umbenannt. Weitling propagierte eine These des kommunistischen Klassenkampfs und wandte sich von den Ideen der französischen Utopisten, der humanitären Frühsozialisten Henri de Saint-Simon und Charles Fourier, die in Frankreich die Genossenschaftsbewegung vertraten, ab. Weitling sah in den Interessen der Arbeiterschaft und denen des Bürgertums einen unvereinbaren Widerspruch. Er forderte nicht nur eine politische, sondern auch eine soziale Revolution, in der es zu einer Umwälzung der herrschenden Einkommensverhältnisse kommen sollte, für Weitling die wesentliche Voraussetzung der Befreiung der Arbeiterklasse. Er setzte sich für die politische Aufklärung der Arbeiter ein, um im Proletariat die Bedingungen für einen selbständigen Kampf der Arbeiter für ihre eigenen Interessen zu schaffen. Im Jahr 1846 lernte Weitling Karl Marx und Friedrich Engels kennen. Weitling und Marx gerieten mit ihren Führungsansprüchen aneinander und hatten unterschiedliche Auffassungen über eine Revolution. Es kam daraufhin zum Bruch mit Marx, und Weitlings Anhänger wurden aus dem Bund der Kommunisten ausgeschlossen. Weitling reiste daraufhin nach New York und kehrte erst im Zuge der Revolution 1848 nach Deutschland zurück, wo er „aber nur eine unbedeutende Rolle“ spielte und daher schon Ende 1849 in die USA zurückkehrte. Hier verlegte er zwischen 1850 und 1855 die Zeitschrift Republik der Arbeiter und gründete den "Deutschen Arbeiterbund New York / German Workingsmens's League". Im Jahre 1851 begab sich Wilhelm Weitling in die Kolonie Communia in Clayton County Iowa die 1847 von Heinrich Koch gegründet worden war. Er investierte die Mittel aus seinem „Deutschen Arbeiterbund New York/ German Workingmen's League“ und ließ sich als Verwalter von Communia wählen. Communia bestand im Kern aus ehemaligen Mitgliedern der früheren 1845 gescheiterten utopistischen Kolonie New Helvetia von Andreas Dietsch in Osage County, Missouri. Ende 1851 schließt sich die nun unter Wilhelm Weitling sozialistische Kolonie Communia in Iowa dem Deutschen Arbeiterbund an – und reißt ihn drei Jahre später in den finanziellen Ruin. Weitling scheiterte als Verwalter und ab 1854 löste sich Communia in Hass und Zwietracht auf. Mit Gerichtsentscheid wurde Communia aber erst 1864 liquidiert. Weitling, der in den USA im Jahre 1854 die Deutsche Karoline Toedt heiratete, zog sich 1855 zurück und arbeitete fortan in New York wieder in seinem Schneiderberuf. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Deutsches Kaiserreich / Französische Republik Die französische Ostarmee, die von deutschen Einheiten an die Grenze der Schweiz gedrückt wird, befindet sich in aussichtsloser Lage. Ihr Oberbefehlshaber General Charles Denis Bourbaki unternimmt einen Selbstmordversuch und wird durch General Justin Clinchant ersetzt. Den deutschen Verbänden von General Edwin Freiherr von Manteuffels und General August von Werder gelingt es, die Ostarmee bei Pontarlier an der Schweizer Grenze einzuschließen. Ein weiteres Gefecht findet bei Salins (vermutlich Salins-les-Bains im Département Jura in der Region Franche-Comté) statt. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Deutsches Kaiserreich / Französische Republik Nach zweitägigem Beschuss durch schwere Krupp-Belagerungswaffen kapituliert Paris vor den deutschen Truppen. Außerdem zwingt drohende Lebensmittelknappheit in Paris nach mehrmonatiger Belagerung die französische Regierung im Deutsch-Französischen Krieg zum Einlenken. In Versailles wird ein zwischen Reichskanzler Graf Otto von Bismarck und Außenminister Jules Favre ausgehandelter Waffenstillstand vereinbart, der ausdrücklich nicht für die Départements Doubs, Côte-d’Or und Jura gilt. Faktisch beginnt damit die französische Niederlage. Die Franzosen werden von den Deutschen verpflichtet, binnen drei Wochen eine neue Nationalversammlung zu wählen, die über Krieg und Frieden zu entscheiden hat. Die Belagerung von Paris durch Truppen Preußens, Badens, Bayerns und Württembergs hatte am 19. September 1870 unter dem Befehl von Generalfeldmarschall Helmuth Graf von Moltke begonnen. Bis vor einer Woche war General Louis Jules Trochu Befehlshaber der französischen Verteidigungstruppen gewesen, bevor er von General Joseph Vinoy abgelöst wurde. Während die Belagerten 240.000 Mann unter Waffen hatten, bestanden die vereinigten deutschen Truppen aus 400.000 Mann. Während die Deutschen 12.000 Mann bei den Kämpfen verloren, haben die Franzosen 24.000 Tote und Verwundete zu beklagen. 147.000 Mann werden von deutschen Truppen zu Kriegsgefangenen. In Paris kommen 47.000 Zivilisten ums Leben. Im Deutsch-Französischen Krieg wurden seit 23. September 1870 in 66 Ballonfahrten im Raum Paris insgesamt 164 Personen, 281 Brieftauben, 5 Hunde und 10.675 Kilogramm Post befördert. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
70px 70px |
Deutsches Kaiserreich / Königreich Preußen / Königreich Bayern / Königreich Württemberg / Großherzogtum Baden / Großherzogtum Hessen-Darmstadt Die Länder des Deutschen Kaiserreiches tauschen in Berlin die Ratifikationsurkunden zur Gründung des Deutschen Kaiserreiches aus. | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Französische Republik / Deutsches Kaiserreich Erstürmung von Sombacour im Arrondissement Pontarlier im Département Doubs in der Region Franche-Comté durch deutsche Soldaten. Außerdem wird sieben Kilometer östlich bei Chaffois ein weiteres Gefecht zwischen Deutschen und Franzosen ausgefochten. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Deutsches Kaiserreich / Französische Republik Gefecht um Frasne im Arrondissement Pontarlier im Département Doubs in der Region Franche-Comté zwischen deutschen und französischen Streitkräften. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Französische Republik / Deutsches Kaiserreich Gefecht bei Vaux im Arrondissement Metz-Campagne im Département Moselle in der Region Lothringen zwischen deutschen und französischen Streitkräften. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Deutsches Kaiserreich Im Zuge der Reichsgründung befürchtet man in Ostfriesland einen endgültigen Verlust der althergebrachten Selbstverwaltung, was zu einem Aufstand führt. Den Anführern des „Friesenaufstandes“ gelingt es dabei auch, interfriesische Bande nach Nordfriesland zu spinnen. Ziel des Aufstandes ist es, im Zuge der Reichsgründung mehr Rechte für das Volk der Friesen zu gewinnen. Dabei kommt es sowohl in Ost- als auch in Nordfriesland zu kleineren Ausschreitungen, vor allem aber in der dortigen Provinz. So wird in Greetsiel in Ostfriesland angeblich der dortige Vertreter des preußischen Königs, ein Hafen- und Zollwart, von Bauern mit Forken aus der Stadt gejagt. Ähnliche Ausschreitungen gegen preußische Beamte gibt es dem Vernehmen nach auch in Esens, Groothusen und Aurich, wo die preußischen Polizeibeamten allerdings angesichts der wenigen Demonstranten die Situation schnell beruhigen können. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Französische Republik / Deutsches Kaiserreich Zwischen deutschen und französischen Streitkräften findet bei Montréal-la-Cluse im Département Ain in der Region Rhône-Alpes ein Gefecht statt. Vermutlich handelt es sich hier um den weitesten Vorstoß deutscher Truppen nach Süden seit Beginn des Krieges. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Deutsches Kaiserreich / Königreich Preußen
| ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
70px |
Deutsches Kaiserreich / Königreich Preußen Fürst Hermann Ludwig Heinrich von Pückler-Muskau (* 30. Oktober 1785 auf Schloss Muskau) stirbt auf Schloss Branitz bei Cottbus. Er war ein deutscher Standesherr, Landschaftsarchitekt, Schriftsteller und Weltreisender und ein bekanntes Mitglied der „gehobenen Gesellschaft“. Hermann von Pückler-Muskau war der Sohn des Grafen Ludwig Carl Hans Erdmann von Pückler und der 15-jährigen Reichsgräfin Clementine von Callenberg. Durch seine Mutter war er Erbe der Standesherrschaft Muskau, der größten deutschen Standesherrschaft. Er wuchs zunächst in schwierigen familiären Verhältnissen auf. Seine Mutter, so formulierte er es als 16-Jähriger in einem Brief an den Vater, behandelte ihn wie ein Spielzeug „ohne selbst zu wissen, warum sie mich bald schlug, bald liebkoste“. Der Vater Erdmann Graf Pückler galt als mürrisch und tatenarm. In demselben Brief beschrieb Pückler seine Erziehung wie folgt: „In den frühen Jahren meiner Kindheit finde ich mich in den Händen theils dummer, theils roher Bedienten, die mich ziemlich nach Gefallen behandelten.“ Einzig sein Großvater Graf von Callenberg und sein Hauslehrer Andreas Tamm mochten den jungen Grafen, letzterer wurde jedoch früh zum Gehen gezwungen. Nach dem Tod des Großvaters wurde der Siebenjährige 1792 für vier Jahre zu den Herrnhutern nach Uhyst, dann aufs „Pädagogium“ nach Halle und schließlich auf das Philanthropinum in Dessau geschickt. Die streng pietistische Erziehung an der „herrenhutischen Heuchelanstalt“ (Zitat von Pückler) in Uhyst begründete seine spätere Abneigung gegen den Protestantismus. Wo er sich religiös äußerte, trat ein Mensch hervor, der Gott allenfalls in der Natur suchte. Im hohen Alter konvertierte er zur römisch-katholischen Kirche. 1801 immatrikulierte er sich 16-jährig zum Studium der Rechte an der Universität Leipzig, brach dies jedoch frühzeitig ab und begann eine militärische Laufbahn, (1802–1806 Offizier im sächsischen Garde du Corps in Dresden), um schließlich ausgedehnte Reisen – oft zu Fuß – in die Provence und nach Italien zu unternehmen. 1811 wurde er Standesherr, übergab bald die Verwaltung seinem Freunde, dem Dichter Leopold Schefer, nahm dann in russischen und sachsen-weimarischen Diensten als Kavallerieoffizier im Feldzug gegen Napoleon teil (kurzzeitig Militärgouverneur von Brügge). 1812 bereiste er zusammen mit Leopold Schefer das erste Mal England, wo er angesichts der dortigen Parks seine Berufung zum Gartenkünstler entdeckte. Nach dem Wiener Kongress 1815 fiel Pücklers Teil der Lausitz von Sachsen an Preußen. Nach Schätzungen von Historikern war Pückler einer der fünfzehn größten Landbesitzer im Königreich Preußen. Am 9. Oktober 1817 erfolgte die Heirat mit der neun Jahre älteren Lucie von Hardenberg (1776?1854), geschiedene von Pappenheim, Tochter des preußischen Staatskanzlers Karl August von Hardenberg. 1822 wurde Pückler gefürstet. 1826 kam es pro forma zur Scheidung von Lucie, mit der er dessen ungeachtet lebenslang freundschaftlich zusammen blieb. Der verschuldete Park- und Gartengestalter wollte nach England reisen, um erneut reich zu heiraten. Auf der Suche nach einer vermögenden Erbin verbrachte Pückler zwischen 1825 und 1829 viele Monate dort. Er bewunderte den Lebensstil des englischen Landadels, den er als das beste Element in der englischen Gesellschaft betrachtete. Dennoch kritisierte er in den Briefen an Lucie mit scharfen Worten die rücksichtslose Vertreibung der Landbevölkerung in Irland durch englische Adelige, die in Irland die Schafzucht intensivierten. Er fand keine Braut, dafür wurden seine Reiseberichte ein literarischer und finanzieller Erfolg in Deutschland, dann auch in England und den USA. Der Fürst beschloss nun, nach Nordamerika zu reisen, doch wegen eines Duells verpasste er die Schiffsabfahrt. Pückler erreichte im Mai 1837 Meroe im Sudan und ließ seinen Namen an den dortigen Pyramiden eingravieren, ebenso wie an den Tempeln des nahe gelegenen Musawwarat. Stattdessen unternahm er eine Reise über Algierien nach Ägypten, wo er vom Khediven Muhammad Ali Pascha als Staatsgast empfangen wurde und für seinen Aufenthalt einen Palast mit Personal erhielt, und weiter in den Sudan, bis er 1838 südlich von Khartum entkräftet den Rückweg antrat. Ferner reiste er in den Nahen Osten – nach Konstantinopel – er versuchte später erfolglos, dort preußischer Botschafter zu werden – und nach Griechenland. Politisch vertrat er liberale Positionen und stand den preußischen Reformern um den Freiherrn vom Stein nahe. So plädierte er für eine politische Selbstverwaltung auf kommunaler Ebene. Dies, dazu sein erklärter Pantheismus und sein extravaganter Lebensstil machten ihn im illiberalen Preußen der Biedermeier-Ära suspekt. Auf der anderen Seite beteiligte Pückler sich jedoch, ganz der offiziellen deutschnationalen Linie folgend, aktiv an der Germanisierung seiner überwiegend sorbischen Untertanen und vernachlässigte die Volksbildung in seiner Herrschaft. Da er sich mit der Anlage seines ersten Parks in Muskau finanziell übernommen hatte, verkaufte er 1845 die Standesherrschaft Muskau. Er zog auf sein Erbschloss Branitz bei Cottbus. Den Erlös aus dem Verkauf von Muskau verwendete er, um das Schloss Branitz (unter starkem Einfluss von Gottfried Semper) umbauen zu lassen und um erneut einen Landschaftspark nach englischem Vorbild, den späteren Fürst-Pückler-Park, anzulegen. Fürst Pückler war als tollkühn und rastlos bekannt; er machte bereits 1815 von sich reden mit seinem Aufstieg mit einem Freiballon und 1837 durch seine Reise zu den Nilkatarakten. Noch als 81-jähriger nahm er 1866 als Titular-General am preußischen Feldzug gegen Österreich-Ungarn teil und bewarb sich, jedoch erfolglos, vier Jahre später um eine Teilnahme am Feldzug gegen Frankreich. Bis zu seinem Tod im Jahr 1871 widmete er sich der Schriftstellerei (er war der erste deutsche Schriftsteller, der Kohlepapier für Durchschläge benutzte). Da eine Einäscherung Verstorbener damals aus religiösen Gründen verboten war, griff er zu einer provokanten List und verfügte, dass sein Herz in Schwefelsäure aufzulösen sei und der Körper in Ätznatron, Ätzkali und Ätzkalk gebettet werden solle. So wird er am 9. Februar 1871 im Tumulus einer Seepyramide im Parksee des Branitzer Schlossparks – beigesetzt werden. Da er kinderlos war, fallen sein Schloss und sein Park nun an den Majoratsnachfolger, seinen Vetter, den Reichsgraf Heinrich von Pückler, Barvermögen und Inventar an seine Nichte Marie von Pachelbl-Gehag, geb. von Seydewitz. Den literarischen Nachlass des Fürsten erbt die Schriftstellerin Ludmilla Assing mit der Auflage, die Biographie des Autors zu schreiben und seine ungedruckten Briefwechsel und Tagebücher zu veröffentlichen. | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Französische Republik / Deutsches Kaiserreich Ende der seit 8. November 1870 andauernden Belagerung von Belfort in der Franche-Comté durch deutsche Truppen. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Deutsches Kaiserreich / Königreich Preußen Der Potsdamer Physiologe und Physiker Hermann Helmholtz wird zum Professor für experimentelle Physik an die Berliner Universität berufen und wird Direktor des Physikalischen Institutes. Als Universalgelehrter ist er derzeit einer der vielseitigsten Naturwissenschaftler und wird auch „Reichskanzler der Physik“ genannt. Im Vorjahr wurde Helmholtz Mitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften. Schon als Siebzehnjähriger hatte Helmholtz großes Interesse an der Physik. Die Naturwissenschaften, insbesondere die Physik, galten jedoch als Fächer der "brotlosen Kunst". Daher studierte Helmholtz ab 1838 Medizin am Medicinisch-chirurgischen Friedrich-Wilhelm-Institut in Berlin, wo er unter anderem Schüler des Physiologen Johannes Müller war. Helmholtz wurde 1842 mit einer Arbeit in mikroskopischer Anatomie promoviert. Er war ein überdurchschnittlicher Absolvent, jedoch deutete zunächst wenig auf eine akademische Karriere hin. Er arbeitete zunächst ein Jahr lang als Unterarzt an der Charité. Ab 1843 diente Helmholtz in Potsdam, da das Studium an dem von ihm gewählten Institut die Verpflichtung zu einem anschließenden achtjährigen Militärdienst einschloss. 1846 wurde er Militärarzt im königlichen Regiment. 1848 wurde er auf Empfehlung Alexander von Humboldts vorzeitig aus dem Militärdienst entlassen und unterrichtete Anatomie an der Berliner Kunstakademie. 1848 nahm Helmholtz in Nachfolge von Ernst Wilhelm von Brücke eine Professur für Physiologie in Berlin an. Er war auf seine Arbeit konzentriert und kümmerte sich weniger um die politischen Vorgänge wie der 1848er Revolution – anders als etwa sein Kollege Emil Heinrich Du Bois-Reymond. Am 26. August 1849 heiratete er Olga von Velten (1827–1859). 1849 erhielt er einen Ruf als Professor der Physiologie und Pathologie nach Königsberg. Seine tuberkulosekranke Frau vertrug jedoch das raue Klima in Ostpreußen nicht. Unter Vermittlung von Alexander von Humboldt zog Helmholtz im Jahr 1855 nach Bonn, um dort den vakanten Lehrstuhl für Physiologie anzunehmen. Dort wohnte er in der Villa Vinea Domini. Ab 1858 nahm Helmholtz eine gut bezahlte Professur in Heidelberg an, wo er bis 1870 als erster Inhaber eines Physiologielehrstuhls an der Universität Heidelberg tätig und von 1858 bis 1863 Wilhelm Wundt sein Assistent wurde. 1858 wurde Hermann von Helmholtz zum korrespondierenden und 1870 zum auswärtigen Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften gewählt. Im Dezember 1859 starb seine Frau Olga, die ihn mit zwei kleinen Kindern zurückließ. Am 16. Mai 1861 heiratete Helmholtz seine zweite Frau, Anna von Mohl (* 1834). Aus beiden Ehen gingen insgesamt fünf Kinder hervor (drei Söhne und zwei Töchter). Ein Sohn aus erster Ehe war der Eisenbahnkonstrukteur Richard von Helmholtz (* 1852). Eine Tochter aus der zweiten Ehe war Ellen von Siemens-Helmholtz (* 1864), die Ehefrau des Industriellen Arnold von Siemens (ihr Schwiegervater war Werner von Siemens). Helmholtz gehörte verschiedenen weiteren Akademien und Gelehrtengesellschaften im In- und Ausland an, darunter der Königlich Schwedischen Akademie der Wissenschaften (seit 1866) und der Königlichen Physiographischen Gesellschaft in Lund sowie der American Academy of Arts and Sciences (beide seit 1868). Im Jahr 1870 starb der Ordinarius für Physik an der Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin, Heinrich Gustav Magnus. Helmholtz wurde diese Professur angeboten. Da er sich in den letzten Jahren mehr mit Physik als mit Physiologie befasst hatte, nahm er das Angebot an. Helmholtz gilt als einer der größten, vielseitigsten Denker und Forscher in Deutschland. Mit großem Aufwand wurde er von der gebildeten Bevölkerung Heidelbergs verabschiedet. Ebenfalls 1870 wurde Helmholtz zum Mitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften ernannt. Außerdem wurde er Mitglied der Königlich Schwedischen Musikakademie (1870) und der Königlichen Gesellschaft der Wissenschaften in Uppsala (1872). | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
70px |
Deutsches Kaiserreich / Königreich Preußen / Vereinigte Staaten von Amerika (New York) Der deutsche Klavierbauer Henry E. Steinway (* 15. Februar 1797 in Wolfshagen im Harz als Heinrich Engelhard Steinweg) stirbt in New York. Aufgrund der unruhigen politischen Lage übergab Steinweg 1850 das Braunschweiger Geschäft seinem Sohn Theodor. Am 28. Mai 1850 emigrierte er mit vier anderen Söhnen nach New York, wo sie zunächst in mehreren Klavierfabriken arbeiteten. 1853 machten sie sich selbstständig. Heinrich Steinweg anglisierte 1854 seinen Namen. Die Firma heißt seither Steinway and Sons. Das Geschäft nahm schnell einen enormen Aufschwung, nachdem es 1855 auf der New Yorker Industrieausstellung den ersten Preis für seine kreuzsaitigen Pianofortes, einer Entwicklung von Henry Steinway jr., erhalten hatte. 1856 wurde der erste Flügel gebaut. 1866 errichtete die Firma einen eigenen Konzertsaal in New York, die Steinway Hall, damals einer ihrer größten Konzertsäle. Theodor Steinweg verkaufte 1865 die Braunschweiger Firma an Wilhelm Grotrian (sie existiert noch 150 Jahre später unter dem Namen Grotrian-Steinweg) und trat in das New Yorker Geschäft ein, nachdem seine Brüder Heinrich am 11. März 1865 in New York und Karl am 31. März 1865 in Braunschweig gestorben waren. | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Deutsches Kaiserreich / Französische Republik Nach der verlorenen Schlacht an der Lisaine vom 15. bis 17. Januar und dem Ausschalten der Ostarmee gibt es für Frankreich keine Hoffnung mehr auf einen Entsatz der belagerten Festung von Belfort, die zwar noch weiter Widerstand leistete, aber nun vor den Deutschen kapitulieren musste. Die koordinierten Versuche französischer Verbände im Winter 1870/1871, die Initiative zurückzugewinnen, waren gescheitert. Die Ausfälle von Paris (Schlacht bei Buzenval) hatten ebenso wenig Erfolg gebracht, wie die Angriffe aus dem Norden (Schlacht bei Saint-Quentin) und Westen (Schlacht bei Le Mans). Diese Serie von Fehlschlägen hatte neben der militärischen auch eine erhebliche moralische Wirkung auf die französische Bevölkerung. Nach der Schlacht an der Lisaine war ein Waffenstillstand ausgehandelt worden, der aber die Gebiete in Ostfrankreich ausdrücklich ausnahm, so dass die Verfolgung und anschließende Ausschaltung der Ostarmee durch die deutschen Verbände rechtlich zulässig blieb. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Deutsches Kaiserreich Der evangelische Prediger Karl Wilhelm Moritz Snethlage (* 23.09.1792 in Hamm) stirbt in Berlin. 1821 trat er seine erste Pfarrstelle in der reformierten Gemeinde in Baerl (heute Stadtteil von Duisburg) an. 1822 wurde er – neben einem lutherischen Kollegen – Pfarrer der Vereinigt-evangelischen Kirchengemeinde Unterbarmen, in der sein Schwiegervater der wichtigste Geldgeber war. Später wurde er vom Konsistorium als nebenamtlicher Superintendent des Kirchenkreises Elberfeld eingesetzt und 1835, nachdem die Rheinisch-Westfälische Kirchenordnung den Kreissynoden das Wahlrecht verliehen hatte, in dieses Amt gewählt.
Wegen seines Eintretens für eine presbyterial-synodale Kirchenordnung (über Die älteren Presbyterial-Kirchenordnungen der Länder Jülich, Berg, Cleve und Mark legte er 1837 eine Monographie vor, die ihm den Titel eines Dr. theol. einbrachte) holte Kultusminister Friedrich Eichhorn ihn 1842 als Mitarbeiter mit dem Titel eines Konsistorialrats in das Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten nach Berlin. Im folgenden Jahr wurde Snethlage in die durch den Tod von Friedrich Ferdinand Adolf Sack freigewordene Stelle eines Predigers am Berliner Dom berufen. Wie üblich, begann Snethlage auf der untersten Stufe als 4. Hof- und Domprediger und stieg jeweils beim Ausscheiden eines Kollegen auf, so dass er ab 1863 den Titel eines Oberhofpredigers führte. Schon 1845 wurde auch seine Stellung im Ministerium mit dem Titel eines Oberkonsistorialrats aufgewertet. Als 1850 zur Verwaltung der inneren Angelegenheiten der Evangelischen Landeskirche in Preußen der Evangelische Oberkirchenrat geschaffen wurde, wurde auch Snethlage in ihn berufen und war vorrangig mit Personalfragen befasst. Daneben setzte er sich für die Gründung der Deutschen Evangelischen Kirchenkonferenz (Eisenacher Kirchenkonferenz) ein und nahm regen Anteil an den evangelischen Kirchentagen. Snethlage hatte als Seelsorger ein enges Verhältnis zu König Friedrich Wilhelm IV., besonders in dessen letzten durch Krankheit geprägten Lebensjahren. Er stand ihm in der Sterbestunde bei und hielt im Dom eine Gedächtnispredigt. Nach dem Tod des Königs ließ auch Snethlages Gesundheit nach, bis er nach einem Schlaganfall 1868 seine Ämter nicht mehr ausüben konnte. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Deutsches Kaiserreich / Französische Republik In Versailles handeln der deutsche Reichskanzler Otto von Bismarck und der provisorische französische Staatspräsident Adolphe Thiers einen sogenannten "Präliminarfrieden" ("Vorfrieden") aus und beenden damit die Kampfhandlungen im Deutsch-Französischen Krieg. Die Bedingungen dieses Vorfriedens sind:
| ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Deutsches Kaiserreich / Französische Republik Auf französischem Boden stehen folgende deutsche Soldatengruppen: 464.221 Mann Infanterie, 55.562 Reiter und 1.674 Geschütze an Feldtruppen sowie 105.072 Mann Infanterie, 5.681 Reiter und 68 Geschütze an Besatzungstruppen. Insgesamt wurden auf deutscher Seite im Kriegsverlauf etwa 1,4 Millionen Mann mobilisiert, von denen 1,1 Millionen in Frankreich zum Einsatz kamen.
| ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Deutsches Kaiserreich 63 mehrheitlich katholische Abgeordnete des Reichstages schließen sich zur Zentrumsfraktion zusammen und erarbeiten ein eigenes Programm mit den Zielen ihrer Fraktion. Führende Persönlichkeiten sind Karl Friedrich von Savigny, Hermann Mallinckrodt und Ludwig Windthorst. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Deutsches Kaiserreich / Königreich Preußen Die Königliche Prüfungsstation für Baumaterialien wird in Berlin gegründet. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Deutsches Kaiserreich / Freie Hansestadt Bremen Die Freie Hansestadt Bremen tritt als Bundesstaat dem Deutschen Kaiserreich bei. Der Erste Bürgermeister Johann Daniel Meier gibt eine entsprechende Erklärung ab. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Republik Nicaragua Bei den Präsidentschaftswahlen in Nicaragua besiegt José Vicente Quadra Lugo den Amtsinhaber Fernando Guzmán Solórzano und wird neuer Präsident. Beide gehören der Partido Conservador (konservativen Partei PC) an. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Argentinische Republik Buenos Aires meldet, dass heute 40 Menschen an Gelbfieber gestorben sind und dass sich die Krankheit weiter ausbreitet. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
70px |
Deutsches Kaiserreich / Königreich Preußen Das Deutsche Archäologische Institut wird eine Königliche Preußische Staatsanstalt und dem Auswärtigen Amt unterstellt. Seinen Sitz hatte es in der Ansbacher Straße 46 in Berlin-Schöneberg. | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Deutsches Kaiserreich Die ersten Reichstagswahlen nach Gründung des Deutschen Reiches mit Parlamentssitz in der Leipziger Straße in Berlin finden statt. Es werden 382 Abgeordnete gewählt. In jedem der insgesamt 382 Wahlkreise wird nach absolutem Mehrheitswahlrecht ein Abgeordneter gewählt. Aus der ersten Reichstagswahl gehen die Nationalliberalen mit 31 Prozent der Stimmen als mit Abstand stärkste Partei hervor. In Berlin erringt die Fortschrittspartei alle sechs Mandate. Wahlberechtigt sind 7,65 Millionen männliche Reichsbürger, die mindestens 25 Jahre alt sind, das entspricht etwa 19,4 % der Bevölkerung. Militärangehörige und andere Gruppen sind ausgeschlossen. Die Wahlbeteiligung liegt bei etwa 51 Prozent. Die Bürger des späteren Reichslands Elsaß-Lothringen nehmen an der Wahl nicht teil und werden somit im ersten Reichstag nicht repräsentiert, da der Friede von Frankfurt mit dem Kriegsgegner Frankreich noch nicht geschlossen wurde. Die stärkste politische Bewegung im Reichstag wird der Liberalismus, dem 202 der 382 Abgeordneten zuzurechnen waren. Er ist allerdings auf verschiedene Fraktionen verteilt. Vor allem die Nationalliberalen unterstützen im Reichstag die Politik von Reichskanzler Otto von Bismarck.
Das Ergebnis:
Die Veränderung bezieht sich auf die letzte Wahl zum Norddeutschen Bund, dem ganz Süddeutschland nicht angehörte! | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Argentinische Republik Die Zeitung „La Tribune“ berichtet, dass die Stadt Buenos Aires bei Nacht so grimmig erscheint, als wenn sie bereits ausgestorben wäre. Die Gelbfieber-Epidemie schreitet unaufhaltsam voran; immer mehr Menschen erkranken. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Argentinische Republik Buenos Aires meldet mindestens 100 Tote aufgrund des Gelbfiebers. Die Epidemie hat nun auch die reicheren Viertel, die besser mit sauberem Wasser versorgt sind, erreicht. Etwa ein Drittel der Bürger der Stadt beschließen, Buenos Aires zu verlassen. Der Hafen wird unter Quarantäne gestellt und die umliegenden Provinzen versuchen zu verhindern, dass Bürger und Güter die Stadt verlassen können. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Deutsches Kaiserreich / Französische Republik Kaiser Wilhelm I. besucht das Schlachtfeld von Villiers, auf dem am 30. November und am 2. Dezember eine wichtige Schlacht im Französisch-Deutschen Krieg stattfand hat und nimmt hier eine Parade des I. Königlich-Bayerischen Korps unter Ludwig von der Tann und etwa 20.000 Mann des Sächsischen Korps unter Prinz Georg von Sachsen ab. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Vereinigte Staaten von Amerika / Washington, D.C. Auf einem Nominierungskongress der Republikanischen Partei in Washington, District of Columbia, sagt der Kandidat Norton P. Chipman: "Falls jemand hier unter uns ist, der nicht möchte, dass im District of Columbia in gemischten Klassen (gemeint sind unterschiedliche Hautfarben) unterrichtet werden, der sollte für seine Kinder besser hier nicht einschulen." Dieses Statement gibt Chipman ab, nachdem er dieser Frage bisher ausgewichen war und von der Menge unter Druck gesetzt worden war. Viele Zuschauer sind der Meinung, dass Chipman sich mit dieser Aussage um den Sieg bei der Nominierung bringt. Trotzdem gewinnt er knapp gegen seinen Gegenkandidaten Fredrick Douglass. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Deutsches Kaiserreich / Französische Republik / Vereinigtes Königreich Großbritannien und Irland Der seit Anfang Dezember 1870 in preußischer Gefangenschaft befindliche französische Kaiser Napoléon III., ursprünglich Charles-Louis-Napoléon Bonaparte, der mit der Ausrufung der Republik am 4. September 1870 offiziell für abgesetzt erklärt wurde, wird aus der Gefangenschaft auf Schloss Wilhelmshöhe bei Kassel entlassen und geht ins Exil nach London. Napoléon III. war von 1848 bis 1852 französischer Staatspräsident und von 1852 bis zu seiner Gefangennahme durch preußische Truppen im September 1870 Kaiser der Franzosen. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Deutsches Kaiserreich / Königreich Preußen Der Berliner Magistrat beantragt für Otto von Bismarck und Helmuth von Moltke die Ernennung zu „Ehrenbürgern der Städte des deutschen Reiches“. Die Berliner Stadtverordnetenversammlung lehnt diesen Antrag ab. Allerdings ist die Ablehnung für den Magistrat nicht bindend. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Deutsches Kaiserreich Im Deutschen Kaiserreich werden im Zuge des Kulturkampfes nach dem Schulaufsichtsgesetz alle Schulen unter staatliche Aufsicht gestellt und die kirchliche Schulinspektion abgelöst. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
70px |
Deutsches Kaiserreich / Königreich Preußen Der schlesische 49 Jahre alte Philosoph, Mathematiker, Astronom und Direktor der Sternwarte Düsseldorf, Karl Theodor Robert Luther, entdeckt "(113) Amalthea", einen Asteroiden des Hauptgürtels (113 bedeutet, dass es der 113. Asteroid ist, der bis jetzt entdeckt wurde). Es ist seine 18. Entdeckung dieser Art. Der Asteroid, der sich zwischen 2,167 und 2,585 Astronomischen Einheiten (1 = Entfernung Erde-Sonne) in unserem Sonnensystem bewegt, hat einen Durchmesser von 46 Kilometern. Er dreht sich einmal um seine eigene Achse in 9 Stunden und 56 Minuten. Seine absolute Helligkeit ist 8,74mag. Er umkreist die Sonne einmal in 3 Jahren und 242 Tagen und hat eine mittlere Orbitalgeschwindigkeit von 19,3 km/Sekunde. Luther benennt ihn nach einer Nymphe, die nach der griechischen Mythologie Zeug mit der Milch einer Ziege aufzog. | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Deutsches Kaiserreich / Österreichisch-Ungarische Monarchie / Französische Republik / Vereinigtes Königreich Großbritannien und Irland / Königreich Italien / Russisches Kaiserreich / Osmanisches Reich Abschluss der Pontuskonferenz in London, die den Status des Schwarzen Meeres (lat. Pontus Euxinus) unter dem Hintergrund des russischen Expansionsdruckes gegen das Osmanische Reich neu definiert. Die Neutralität und Entmilitarisierung des Schwarzen Meeres wird aufgehoben. Mit deutscher Unterstützung erhält Russland das nach dem Krimkrieg untersagte Recht zurück, im Schwarzen Meer eine Schlachtflotte zu unterhalten, wird allerdings verpflichtet, vor der Durchfahrt durch die Meerengen die Zustimmung des Osmanischen Reiches einzuholen. Russland beginnt unverzüglich mit dem Bau einer neuen Schwarzmeerflotte. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Argentinische Republik Die seit sechs Wochen in Buenos Aires wütende Gelbfieber-Epidemie fordert jetzt 150 Menschenleben pro Tag. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
70px |
Deutsches Kaiserreich / Königreich Preußen Die Stadtverordnetenversammlung von Berlin beschließt, dass aus dem Krieg gegen Frankreich zurückkehrende Soldaten je einen Taler, Unteroffiziere je zwei Taler, Kriegerwitwen je 20 Taler, Waisen je fünf Taler erhalten. Außerdem ernennt die Stadtverordnetenversammlung auf Geheiß des Berliner Magistrates hin Reichskanzler Fürst Otto von Bismarck und Helmuth Graf von Moltke zu Ehrenbürgern von Berlin. | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
70px |
Deutsches Kaiserreich / Königreich Preußen Der nach dem Sieg im Deutsch-Französischen Krieg am 18. Januar 1871 in Versailles zum Kaiser ausgerufene Wilhelm I. wird in Begleitung von Kronprinz Friedrich Wilhelm in Berlin empfangen. | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Deutsches Kaiserreich / Französische Republik Gemäß den vom Deutschen Reich diktierten Bedingungen des Versailler Friedensvertrages muss Frankreich eine deutsche Garnison in Paris dulden. Gegenüber der französischen Regierung wächst zusehends der Unmut der Pariser Bevölkerung, der sich nun zu einem offenen Aufstand in der Stadt entwickelt. Die erste sozialistische Revolution in Frankreich beginnt. Die Mitglieder des revolutionären Pariser Stadtrates werden „Kommunarden“ (frz. communards) genannt. Französische Regierungstruppen versuchen in der Nacht, die Pariser Nationalgarde zu entwaffnen, was in einen Volksaufstand mündet. Frankreichs Provisorischer Präsident Adolphe Thiers muss nach Versailles fliehen. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Deutsches Kaiserreich / Großherzogtum Hessen Der deutsche Historiker und nationalliberale Politiker Georg Gottfried Gervinus (* 20. Mai 1805 in Darmstadt) stirbt in Heidelberg. Gervinus studierte nach Buchhändlerlehre in Bonn und kaufmännischer Ausbildung in Darmstadt von 1825 bis 1827 an der Universität Gießen, anschließend bis 1829 an der Universität Heidelberg Geschichte, Philologie und Philosophie. 1835 wurde er in Heidelberg zum Professor für Geschichte und Literatur berufen. 1836 wechselte er nach Göttingen. Dort wurde er jedoch bereits 1837 abgesetzt und des Landes verwiesen, da er als einer der Göttinger Sieben - neben ihm waren dies noch Jacob Grimm, Wilhelm Grimm, Friedrich Christoph Dahlmann, Wilhelm Eduard Albrecht, Heinrich Ewald und Wilhelm Eduard Weber - gegen die Aufhebung des hannoverschen Staatsgrundgesetzes durch den König, Ernst August, protestiert hatte. Diese Tat erregte in der deutschen Öffentlichkeit großes Aufsehen. Zwischen 1835 und 1842 publizierte Gervinus sein Hauptwerk, die Geschichte der deutschen Nationalliteratur. 1844 nahm er in Heidelberg seine akademische Tätigkeit wieder als Honorarprofessor auf. Ab 1847 war er Herausgeber der von Karl Mathy und Friedrich Daniel Bassermann begründeten Deutschen Zeitung, zu dieser Zeit das Blatt der liberalen Intellektuellen. Gervinus war Mitglied des Vorparlaments und des von diesem gebildeten Siebzehnerausschusses. Vom 18. Mai bis zum 31. Juli 1848 war er Abgeordneter für Wanzleben in der Frankfurter Nationalversammlung. 1853 wurde er wegen demokratischer Publikationen (Einleitung in die Geschichte des neunzehnten Jahrhunderts) vom Mannheimer Hofgericht wegen Hochverrats zu zwei Monaten Festungshaft verurteilt und erneut aus dem Universitätsdienst entlassen. Dieses Urteil wurde jedoch kurz darauf vom Oberhofgericht in Mannheim für nichtig erklärt, weil die auf Hochverrat lautende Anklage nicht hätte vom Hofgericht angenommen werden dürfen. Die Anklage wurde daraufhin aus nicht genannten Gründen gänzlich zurückgezogen und fallen gelassen. Die Bayerische Akademie der Wissenschaften nahm ihn 1863 als auswärtiges Mitglied in ihre Reihen auf. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
70px |
Deutsches Kaiserreich / Königreich Preußen Der Pharmakologe Carl Gustav Mitscherlich (* 09.11.1805 in Jever)stirbt in Berlin. Mitscherlich war seit 1844 Professor für Arzneimittellehre an der Berliner Universität. Carl Gustav, Bruder des bekannten Chemikers Eilhard Mitscherlich, untersuchte schon als Student in dem Laboratorium seines Bruders verschiedene Antimon- und Quecksilberpräparate und promovierte 1829. Im Jahre 1858 wurde er zum Geheimen Medizinalrat ernannt und wurde zu dieser Zeit zum ersten deutschen Pharmakologen, der die Bedeutung der Kenntnis des chemischen Verhaltens der Arzneimittel gegen die Bestandteile des Organismus und die der Tierversuche überhaupt für die Entwicklung der Pharmakologie erkannte und durch eine Reihe von Experimentalarbeiten wesentlich förderte. Gleichzeitig arbeitete er mit Erfolg an seinem außerordentlich wertvollen „Lehrbuch der Arzneimittellehre“. Der zweite der dreibändigen Ausgabe wurde erst nach 14 Jahren Arbeit vollendet. | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Argentinische Republik Die Ende Januar aufgetretene Gelbfieber-Epidemie in Buenos Aires fordert jetzt 200 Menschenleben pro Tag. Auch viele Politiker und Menschen, die Hilfsdienste für Erkrankte organisierten, sind unter den Toten. Inzwischen sind die meisten Behörden verwaist, weil ihre Beamten aus der Stadt geflohen sind. Nur die Priester und die Ärzte halten die Stellung in der Stadt. Die Produktion von Särgen ist inzwischen eingestellt; die Menschen werden in Tücher verhüllt begraben. Die Stadt stellt ihre Müllwagen für den Transport der Leichen zur Verfügung. Diebe machen die Stadt unsicher. Sie dringen verkleidet in Ärztetracht in die Häuser der arg- und hilflosen Bevölkerung ein. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Deutsches Kaiserreich Nach einem Gottesdienst in der Schlosskapelle wird im Weißen Saal des Berliner Stadtschlosses der erste deutsche Reichstag eröffnet. Kaiser Wilhelm I. verliest die von Reichskanzler Graf Otto von Bismarck vorbereitete Thronrede und thront dabei auf dem aus Goslar besorgten Kaiserstuhl Heinrichs III. Anschließend tritt der Reichstag im Preußischen Abgeordnetenhaus in Berlin, dem früheren Hardenberg‘schen Palais in der Leipziger Straße 75, zu seiner ersten, konstituierenden Sitzung zusammen. Der bisherige Kanzler des Norddeutschen Bundes und preußische Ministerpräsident Graf Otto von Bismarck wird vom neuen Kaiser gefürstet zum ersten Reichskanzler des Deutschen Reichs ernannt. Dieser wiederum ernennt seinen Staatssekretär (Minister), den Diplomaten Hermann von Thile, der das Auswärtig Amt leiten soll. Der 59jährige von Thile, ein Neffe des preußischen Generals und Staatsministers Ludwig Gustav von Thile (1781-1852), steht seit 1837 im diplomatischen Dienst für Preußen und befand sich bereits ein Jahr später auf seinem ersten Auslandsposten in Rom. Es folgten Bern, Wien (1842) und London. Als Nachfolger von Christian Karl Freiherr von Bunsen wurde er von 1854 bis 1859 Gesandter des Königreiches Preußen in Rom. Seit 1862 diente er als Unterstaatssekretär im preußischen Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten in der Berliner Wilhelmstraße. Andere Ministerien sind im Entstehen, die Suche nach geeigneten Leitern gestaltet sich schwierig. Der Präsident des Reichskanzleramtes und Staatssekretär für Inneres Rudolph Delbrück, der für seine Verdienste im Krieg eine Dotation in Höhe von 200.000 Talern erhält, gilt zunächst als engster Mitarbeiter des Reichskanzlers | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
70px |
Deutsches Kaiserreich / Königreich Preußen Der deutsche Mediziner und Botaniker Carl Heinrich Schultz-Schultzenstein (* 8. Juli 1798 in Altruppin) stirbt in Berlin. Schultz legte Aufsehen erregende, aber auch umstrittene Untersuchungen über die Säftebewegung der Pflanzen vor und entwickelte außerdem eine Theorie, dass tierisches Leben kein chemischer Stoffwechsel, sondern ein fortdauernder innerer Wechsel von Erzeugen und Absterben verjüngter Formengebilde sei (Mausertheorie). Zur besseren Unterscheidung von dem gleichnamigen Botaniker legte sich Schulz 1848 den Beinamen "Schultzenstein" nach seinem Gut in der Nähe von Rheinsberg zu. In seinen botanischen Arbeiten zur Physiologie der Pflanzen entwickelte Schultz-Schultzenstein auf der Grundlage eines dynamischen Vitalismus die Ansicht, dass Pflanzen über einen dem Blut entsprechenden Nahrungssaft und einen Kreislauf verfügten. Diese Lehre wurde bereits in den 1840er Jahren widerlegt, was Schultz-Schultzenstein zu scharfer Polemik gegen seine Kritiker Julius Meyen und Hugo von Mohl veranlasste. Ein weiteres Arbeitsgebiet Schultz-Schultzensteins war die pflanzliche Morphologie und Entwicklungsgeschichte. Hier beschrieb er als „Anaphyton“ (Individuum) jeden aus Zellen, Gefäßen und Oberhaut bestehenden Pflanzenteil und postulierte, jedes Anaphyton sei fähig, eine neue Pflanze hervorzubringen. Eine Pflanze wachse auf Grund eines Verjüngungstriebs durch fortwährende Entwicklung und Wiederholung dieser Anaphyta, die allein durch Wechselwirkung mit der Umwelt in ihrer Form verschieden seien. Dieses Prinzip wandte Schultze-Schultzenstein auch auf das Tierreich, die Medizin, die Psychologie und schließlich auf die Gesellschaft an. Schultze-Schutzensteins Mausertheorie baute ebenfalls auf dem Prinzip der Verjüngung auf. Er ging von dem Gedanken aus, dass das Leben aus einer ständigen Erneuerung der organischen Elemente bestehe, die der Mauser ähnele. Gesundheit bestehe dementsprechend dann, wenn sich Regeneration und Mauser der organischen Elemente beständig wiederholen; Krankheit hingegen führte er auf abnorme Regeneration zurück, wenn die Mauser zu schwach, gehemmt oder gestört oder aber wenn sie zu stark, übermäßig oder beschleunigt sei. Solche Störungen ließen sich an den Ausscheidung der Mauserprodukte ablesen. Medikamente heilten dabei nicht von sich aus, sondern dadurch, dass sie die Naturheilkraft des Organismus befördern. Wie seine andere Theorie wurde auch diese schon von den Zeitgenossen heftig angegriffen. Gleichwohl war Schultze-Schutzenstein einflussreich. Seine Arbeiten zur Physiologie des Blutes belegten die „Bläschennatur“ der Blutkörperchen und wurden zu einem Bezugspunkt der Zellenlehre Theodor Schwanns. Georg Wilhelm Friedrich Hegels Naturphilosophie und der organische Atomismus entlehnten Konzepte wie das der Individualität der Teile eines Organismus. | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Vereinigtes Königreich Großbritannien und Irland Vor 4000 Zuschauern wird auf dem Raeburn Place in Edinburgh das weltweit erste "internationale" Rugby Union Spiel zwischen Schottland und England ausgetragen. Das Spiel kommt aufgrund einer schottischen Herausforderung zustande, die am 8. Dezember 1870 in der Wochenzeitung "Bell's Weekly" abgedruckt und von den Kapitänen von fünf schottischen Vereinen unterzeichnet wurde. Raeburn Place ist das Heimatgelände der Edinburgh Academicals. Das englische Team spielt in weißen Trikots und roten Hosen, die Schotten mit braunen Hemden, die mit einer Distel und weißen Kricketflanschen versehen sind. Das Spiel geht über zweimal 50 Minuten und wird von den Schotten mit 4:1 (zwei Tries und ein Goal für Schottland, ein Try für England) gewonnen. Angus Buchanan wird der erste Mensch, der in einem "internationalen" Rugby-Spiel einen Punkt erzielt. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
70px |
Deutsches Kaiserreich / Königreich Preußen Im Reichstag findet eine Debatte über eine neue Tagungsstätte – einem Neubau eines monumentalen Gebäudes oder ein Um- und Ausbau des Gebäudes in der Wilhelmstraße statt. Für einen Neubau ist die Lobby des Architektenverbandes, für den Umbau der Wilhelmstraße der Reichskanzler Fürst Otto von Bismarck. | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
70px |
Deutsches Kaiserreich / Königreich Preußen Die Berliner Tageszeitung "Die Zukunft" stellt ihr Erscheinen ein. | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Osmanisches Reich / Deutsches Kaiserreich / Königreich Preußen / Vereinigtes Königreich Großbritannien und Irland Abschluss der Wiederherstellung der "Kreuzfahrerkapelle" im Kreuzgang der heutigen Propstei in Jerusalem. Da der Johanniterorden auf dem Gelände am Muristan von 1064 bis 1187 ein Pilger- und Krankenhospiz unterhielt, wird die Kapelle später "Johanniterkapelle" genannt werden. Seit 1850 sind die Protestanten im Osmanischen Reich offiziell anerkannt. Bereits 1841 gründeten England und Preußen ein gemeinsames protestantisches Bistum in Jerusalem. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Deutsches Kaiserreich / Königreich Preußen
| ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Deutsches Kaiserreich / Königreich Sachsen
| ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Deutsches Kaiserreich / Königreich Sachsen In Sachsen leben insgesamt 2,5 Millionen Menschen. 3357 von ihnen sind Menschen jüdischen Glaubens. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Deutsches Kaiserreich / Königreich Preußen Sehr spät im Vergleich zu anderen Städten entsteht in Greifswald in Vorpommern eine unabhängige jüdische Gemeinde mit etwa 100 Mitgliedern, die von der Stralsunder Gemeinde abgetrennt wird. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Deutschen Kaiserreiches des Jahres 1871 |
I. Quartal 1871 - April 1871 - Mai 1871 - Juni 1871 - Juli 1871 - August 1871 - September 1871 - Oktober 1871 - November 1871 - Dezember 1871 | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Deutschen Kaiserreiches des Jahres 1872 |
Januar 1872 - Februar 1872 - März 1872 - April 1872 - Mai 1872 - Juni 1872 - Juli 1872 - August 1872 - September 1872 - Oktober 1872 - November 1872 - Dezember 1872 | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Deutschen Kaiserreiches des Jahres ... |
1873 - 1874 - 1875 - 1876 - 1877 - 1878 - 1879 - 1880 - 1881 | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||