Chronik 1933.02-III

Weltchronik der dritten Dekade des Februar 1933

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21.02.1933

Deutsches Reich In Krefeld wird eine Veranstaltung der Partei "Zentrum" mit dem früheren Reichsarbeitsminister Adam Stegerwald als Hauptredner durch die SA gestört. Dabei wird Stegerwald tätlich angegriffen. Die Berliner konservative "Vossische Zeitung" veröffentlicht einen Brief Friedrich Eberts, des ältesten Sohnes des ersten Reichspräsidenten, an Paul von Hindenburg. Darin protestiert Ebert gegen die Behauptung der NSDAP, 14 Jahre Marxismus hätten Deutschland ruiniert. Die nationalsozialistische Tageszeitung "Westdeutscher Beobachter" kritisiert die Weigerung des Kölner Oberbürgermeisters Konrad Adenauer (Zentrum), vorgestern, am Tag des Besuchs von Adolf Hitler in Köln, die Rheinbeleuchtung einschalten zu lassen und erklärt, dass "solche Herausforderungen sich in Zukunft rächen werden". In Sachsen wird im Landtag die letzte reguläre Sitzung durchgeführt.

	22.02.1933
	Deutsches Reich Der kommissarisch eingesetzte preußische Innenminister Hermann Göring (NSDAP) ordnet die Bildung einer Art Hilfspolizei an, deren Mitglieder aus SA, SS und "Stahlhelm" rekrutiert werden. 50.000 SS- und SA-Mitglieder werden zu bewaffneten "Hilfspolizisten" ernannt; Göring ermuntert sie zum "fleißigen Gebrauch der Schusswaffe." Der Reichsminister des Innern, Wilhelm Frick (NSDAP), verbietet in Sachsen bis auf weiteres alle Kundgebungen der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) unter freiem Himmel. Der kommissarisch eingesetzte preußische Kultusminister, Bernhard Rust (NSDAP), führt ab Ostern 1933 in den Berufs- und Fortbildungsschulen des Landes den Religionsunterricht ein und ordnet den Abbau der nicht-konfessionellen Schulen an.
	Vereinigte Staaten von Amerika (USA) / Florida / Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland In Daytona Beach fährt der britische Automobil-Rennfahrer Sir Malcolm Campbell mit seinem "Blue Bird II" mit 435,517 km/h einen neuen Weltrekord für Landfahrzeuge.

23.02.1933

Deutsches Reich Auf der letzten Kundgebung der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) in Berlin fordert Wilhelm Pieck eine Einheitsfront gegen die Regierung Hitler, lehnt jedoch einen "Nichtangriffspakt" mit der SPD wegen ihres angeblichen "Sozialfaschismus" ab. Nach einer Durchsuchung des Karl-Liebknecht-Hauses, dem Sitz der Leitung der KPD am Bülowplatz in Berlin, werden das Haus und die darin befindliche Druckerei polizeilich besetzt und bis auf weiteres geschlossen. Vor Beginn einer Veranstaltung der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) mit dem Reichstagsabgeordneten Philipp Scheidemann kommt es in Essen zu schweren Ausschreitungen von SA und SS. Die Veranstaltung wird darauf vom Essener Polizeipräsidenten verboten.

	24.02.1933
	Deutsches Reich Mit Hinweis auf die vielen gewaltsamen Störungen seiner Kundgebungen durch die SA lehnt der frühere Berliner Polizeipräsident Albert Grzesinski (SPD) ein Auftreten bei Kundgebungen der Sozialdemokratischen Partei in Deutschland (SPD) in Dortmund, Frankfurt am Main, Altona und Kiel ab.

	25.02.1933
	Deutsches Reich Die "Gewerkschaftszeitung" des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes (ADGB) veröffentlicht einen Brief des stellvertretenden ADGB-Vorsitzenden Peter Graßmann an Reichspräsident Paul von Hindenburg mit der Bitte um Aufhebung des Göring-Erlasses vom 17. Februar.
	Vereinigte Staaten von Amerika (USA) / New York Der Flugzeugträger USS RANGER (CV-4) läuft vom Stapel der Schiffswerft Newport News Shipbuilding in Newport News im US-Bundesstaat Virginia. Die USS RANGER ist das achte Schiff dieses Namens in der Geschichte der USA seit 1780, der damalige erste Kommandant hieß John Paul Jones. Wenn der Träger nächstes Jahr in Dienst gestellt wird, wird er 2461 Mann Besatzung haben und sich mit einer Geschwindigkeit von bis zu 29,3 Knoten (54 km/h) fortbewegen. Das "Columbia Broadcasting System" (CBS) in New York City stellt den gesamten TV-Sendebetrieb "bis zur Verfügbarkeit besserer technischer Einrichtungen" ein.

	26.02.1933
	Deutsches Reich Das Zentralorgan der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD), "Die Rote Fahne", erscheint legal als letzte Ausgabe mit einer Doppelnummer unter dem Datum 26./27. Februar 1933. Die Partei plant, die Zeitung ab März zunächst in Berlin, später im Ausland, dreimal monatlich herauszugeben.
	Tschechoslowakische Republik / Vereinigte Staaten von Amerika (USA) / Dominion Canada Sieger der am 20. Februar begonnenen Eishockey-Weltmeisterschaft in Prag werden erstmals die USA, die Kanada 2:1 in der Verlängerung bezwingen.

27.02.1933

Deutsches Reich Zwischen 2100 und 2330 Uhr bricht im Reichstagsgebäude ein Brand aus, der fast den gesamten Mittelteil des Gebäudes und den Plenarsaal zerstört, die Kuppel stark beschädigt. Direkt nach dem Brand erklärt Reichsminister Hermann Göring, der festgenommene Niederländer Marinus van der Lubbe habe im Auftrag der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) das Feuer gelegt. Es folgen hundertfache politisch motivierte Verhaftungen. Vor allem Mitglieder der KPD und Juden werden verfolgt. Eine Veranstaltung der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) im Berliner Sportpalast mit "Vorwärts"-Chefredakteur Friedrich Stampfer als Hauptredner zum Gedenken an den am 14. März 1883 verstorbenen Karl Marx wird von der Polizei aufgelöst. Der Berliner Stadtrat Kurt Löwenstein (SPD), der auch Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft der Kinderfreunde ist, wird von SA-Leuten schwer mißhandelt. Auf einer Zentrumskundgebung der Partei Zentrum (Z) in Frankfurt am Main weist Fritz Schäffer, Vorsitzender der Bayerischen Volkspartei, Drohungen der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiter-Partei (NSDAP) gegen die Eigenständigkeit Bayerns zurück. In den deutschen Karnevalshochburgen feiern Zehntausende von Narren und Närrinnen die traditionellen Rosenmontagszüge. Die politischen Umwälzungen im Deutschen Reich werden bei den Veranstaltungen nicht thematisiert.

	28.02.1933
	Deutsches Reich In der Nacht zum 28. Januar nimmt die Polizei den Holländer Marinus van der Lubbe als Tatverdächtigen fest. Da Brandfackeln und Teerpräparate bei ihm sichergestellt werden, gesteht er bereits in den ersten Vernehmungen die Tat. NSDAP-Führer Adolf Hitler sowie seine Gefolgsleute Göring und Goebbels erscheinen noch in der Brandnacht am Reichstag. Historiker streiten noch heute, ob die Nationalsozialisten nicht selbst den Brand gelegt haben, denn im Folgenden profitierten sie maßgeblich. Künftige Sitzungen des Deutschen Reichstages sollen fortan in der eilig herzurichtenden Kroll-Oper stattfinden, welche dem Reichstag gegenüber liegt. Unbeschädigte Räumlichkeiten wie die Bibliothek, das Stenographenbüro und das Archiv werden auch weiterhin genutzt. Mit dem vermeintlichen Angriff auf das Symbol für Parlamentarismus und dem angeblich bei Lubbe gefundenen kommunistischen Flugblatt hetzt Adolf Hitler gegen die Linken und Kommunisten: Der "Vorwärts", die Parteizeitung der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD), wird vorläufig verboten. Reichspräsident Paul von Hindenburg unterzeichnet "Verordnung zum Schutz von Volk und Staat" ("Reichstagsbrandverordnung") und gegen "Verrat am deutschen Volke und hochverräterische Umtriebe", die mit sofortiger Kraft die Meinungs-, Presse- und Versammlungsfreiheit noch weiter einschränken und der Polizei weitreichende Befugnisse einräumen. Sie setzt die Bürgerrechte der Weimarer Verfassung außer Kraft. Unter anderem bildet sie die Rechtsgrundlage für viele Verbote und Verfolgungsmaßnahmen, auch gegen die Zeugen Jehovas, obwohl diese seit der Machtergreifung der Nationalsozialisten bestrebt sind, ihren unpolitischen Charakter herauszustellen. Der preußische Innenminister Hermann Göring (NSDAP) verbietet das Erscheinen der SPD-Presse in Preußen für die Dauer von zwei Wochen. Die gewähle sächsische Regierung wird auf Grundlage der "Verordnung zum Schutz von Volk und Staat" abgesetzt.
	Deutsches Reich / Französische Republik / Tschechoslowakische Republik Der Funktionär der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) Willi Münzenberg flieht vor der Verfolgtung der Nationalsozialisten nach Paris. Bertold Brecht flieht mit seiner Frau Helene Weigel und seinem Sohn Stefan zunächst nach Prag.

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