Chronik 1945.11: Unterschied zwischen den Versionen

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Donnerstag, 1. November 1945
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In einem Bericht des "Neuen Österreichs" über die jüngste Sitzung der Interalliierten Kommandantur heißt es: "Die Alliierte Kommandantur stellt mit größtem Missvergnügen fest, dass von seiten politischer Parteien Haushaltslisten und ähnliche Formblätter in Verkehr kommen, in denen die Frage der gegenwärtigen Zugehörigkeit zu einer der drei Parteien gestellt wird. Dieses Vorgehen ist im höchsten Grade unsauber und erinnert sehr an Nazimethoden. Die Alliierte Kommandantur erklärt daher kategorisch, alle Erzeuger, Herausgeber, aber auch Ausfüller derartiger Fragebögen zu bestrafen. Auch die Magistratsbehörde ist zu einer solchen Fragestellung nicht berechtigt". In den USA wird ein Komitee "Amerikahilfe für Österreich" gegründet. Die Schweiz startet eine Hilfsaktion für Oberösterreich. Bäckereibetriebe arbeiten am heutigen Feiertag bis 9 Uhr und verkaufen bis 11 Uhr Brot. Die übrigen Lebensmittelgeschäfte sind ebenfalls bis 11 Uhr geöffnet. Die Zerstörungen des Zentralfriedhofes - 500 Bombentreffer, 12.000 beschädigte oder vernichtete Gräber - wurden bereits zum Großteil beseitigt.
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Freitag, 2. November 1945
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In Berlin wird ein britischer Geheimdienstbericht über das Ende Hitlers veröffentlicht. Demnach "verübte Hitler am 30. April um 14.30 Uhr in der Reichskanzlei Selbstmord, indem er sich in den Mund schoss. Eva Braun vergiftete sich zur gleichen Zeit in der Kanzlei des Führers. Die beiden Leichen wurden verbrannt". Schweiz und Schweden beschließen die Anerkennung der österreichischen Regierung. Unterstaatssekretär Dr. Gruber erklärt gegenüber der Agence France Press, Österreich werde nach der Nationalratswahl um Aufnahme in die Vereinten Nationen ersuchen. Wiederholt werden "Tödliche Unfälle durch Leuchtgas" gemeldet. Wörtlich heißt es: "Infolge unsachgemäßer Handhabung der Gasleitung bzw. Schadhaftigkeit der Zuleitungen sind durch das Einatmen unverbrannt entweichenden Leuchtgases tödlich in ihren Wohnungen verunglückt". Im Anschluss daran werden eine alleinstehende Frau und zwei Ehepaare namentlich genannt. Die Straßenbahnlinie 118 nimmt den Betrieb auf dem letzten Streckenabschnitt zwischen Südbahnhof und Stadionbrücke wieder auf.
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Samstag, 3. November 1945
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Die Österreichische Gesellschaft vom Roten Kreuz nimmt ihre Arbeit wieder auf. In Zusammenhang mit einer Diskussion über den Grenzverlauf mit Jugoslawien berichtet das "Neue Österreich": "Schon hat die Kärntner Landesregierung angeordnet, dass in den Landesstellen mit sprachlich gemischter Bevölkerung jedes Kind beide Sprachen erlernen muss." Seit heute liegen bis einschließlich kommenden Donnerstag die Wählerverzeichnisse in den Magistratischen Bezirksämtern von 8 bis 12 und von 14 bis 18 Uhr zur Einsichtnahme auf. In periodischen Abständen erscheint im "Neuen Österreich" der Titel "Nicht auf dem Trittbrett stehen!" In Verbindung damit werden jeweils die neuesten Straßenbahn- und Stadtbahnunfälle gemeldet.
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Sonntag, 4. November 1945
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Nach einem Bericht der "New York Herald Tribune" werden die Lebensmittellieferungen nach Österreich verdreifacht. Unter anderem sollen in den nächsten Monaten 800 Tonnen Zucker, 740 Tonnen Fett sowie Trockenmilch, Eipulver und Kaffee geliefert werden. Die ÖVP veröffentlicht ihren Wahlaufruf. Darin heißt es: "Die Österreichische Volkspartei tritt mit keinen Versprechungen vor ihre Wähler, sondern mit dem heißen Bekenntnis zu Österreich, zur österreichischen Mäßigung, die jeden mitarbeiten lassen will, der ehrlichen Willens ist auch dann, wenn er zeitweise Fehler begangen hat. Die Österreichische Volkspartei ist eine neue Partei, sie ist eine junge Partei, sie ist keine Partei von gestern, sie ist eine Partei von heute und morgen. Die Österreichische Volkspartei will ein neues, ein schöneres Österreich. Wer daran mitarbeiten will, ist willkommen, wo immer er auch gestern oder vorgestern gestanden hat, wenn er sich zu Österreich bekennt und frei von Schuld ist. Wir wollen das wahre demokratische, freie und selbständige Österreich. Wer hierbei mithelfen will, der wähle die Österreichische Volkspartei!" Nach einem Beschluss des Stadtsenats ist ein "Zeitgemäßer Umbau der Staatsoper" geplant. Für diesen Zweck wird ein Architektenwettbewerb ausgeschrieben und ein Betrag von 30 Millionen RM budgetiert.
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Montag, 5. November 1945
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In der Woche bis 10. November werden in Wien folgende "Abschnitte der Lebensmittelkarte VII zur Einlösung" aufgerufen: "Brot und Mehl sind auf alle Abschnitte mit der Wochenbezeichnung III bzw. II/IV zu beziehen.... Hülsenfrüchte werden auf die über Hülsenfrüchte lautenden und mit der Wochenbezeichnung III versehenen Abschnitte verteilt. An Stelle von Hülsenfrüchten ist nach Lage des Vorrats der Bezug von Erbsenmehl, Bohnenmehl oder Maisgrieß möglich. Ein Anspruch auf eine bestimmte Sorte dieser Waren besteht nicht. Ohne Anspruch auf eine bestimmte Fettsorte kommen auf die mit III bezeichneten Abschnitte Speiseöl oder Schmalz zur Ausgabe....Als Fleischersatz werden im Laufe dieser Woche Käse und Trockenei geliefert. Es erhalten alle Personen über drei Jahre auf die beiden zusammenhängenden mit III bezeichneten 100 Gramm Fleischabschnitte je 75 Gramm Käse...." Die Wiener Stadt- und Landesbibliothek im Rathaus ist wieder zugänglich.
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Dienstag, 6. November 1945
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Der Kabinettsrat beschließt ein Rechtsanwendungsgesetz, das die Ausdehung der Gesetzgebung der provisorischen Regierung ab 10. November auf ganz Österreich vorsieht. Die Militärbehörden Großbritanniens überlassen der Gemeinde Wien 500 Lastkraftwagen, alles Fahrzeuge der ehemaligen deutschen Wehrmacht, die in Kärnten erbeutet wurden. Nach einem Bericht des "Neuen Österreich" ist "Der Weg zur Memphis noch weit". Aufgrund des Mangels an Energie und Transportmitteln läßt die Aufnahme der Zigarettenproduktion in Ostösterreich auf sich warten. Überdies ist Österreich von seinen traditionellen Rohtabak-Lieferländern abgeschnitten. Das Auftauchen von Zigaretten aus heimischer Produktion auf dem Schwarzmarkt wird damit erklärt, dass das Vorratslager der Tabakwerke im Arsenal kurz vor Kriegsende geplündert wurde. Ab heute gibt es wieder Straßenbeleuchtung auf der Ringstraße und in Teilen des 3. und 9. Bezirks. Eine Reparatur der II. Wiener Wasserleitung macht ihre Unterbrechung zwischen 9. November um 8 Uhr und 12. November um 18 Uhr erforderlich. In dieser Zeit ist Baden und Wäschewaschen verboten.
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Mittwoch, 7. November 1945
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Auf Initiative der amerikanischen Militärverwaltung treffen aus der Tschechoslowakei 17 Eisenbahnwagen mit Fensterglas für die Bevölkerung in Wien ein. Wegen Brennstoffmangels muss die Lokalbahn Wien - Baden den Betrieb vorübergehend einstellen. Unter dem Titel "Der Kampf gegen den Schleichhandel" berichtet das "Neue Österreich", dass die Wirtschaftspolizei bei Razzien im Resselpark und am Naschmarkt 32 bzw. 51 Personen verhaftet hat.
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Donnerstag, 8. November 1945
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Unter dem Vorsitz von Bürgermeister Körner sowie in Anwesenheit von Mitgliedern des Stadtsenats und sämtlicher Bezirksvorsteher zieht Vizebürgermeister Speiser Bilanz über die Gemeinschaftsarbeit in Wien. Wörtlich sagt er: "In den abgelaufenen acht Wochen wurden in den 21 Gemeindebezirken rund 128.000 Kubikmeter Schutt abgetragen.... Aus den Schuttmassen wurden alle für den Wiederaufbau der Stadt noch brauchbaren Materialien gesondert und gelagert, es wurden Ziegel vom Mörtel gereinigt und geschlichtet. Sand gesiebt und abgeführt,... Außer den gemeldeten Müll- und Schuttmengen wurden 1,275.000 Kilogramm Alteisen und Schrott aus acht Bezirken weggeführt, ferner in acht Bezirken 2,241.000 Ziegel gesammelt, ... Außerdem wurden Arbeitskräfte für Reparaturen am Gas-, Wasserleitungs- und Stromnetz, bei Dachreparaturen, Instandsetzungsarbeiten in Park- und Gartenanlagen sowie in Friedhöfen für die Aushebung von Gräbern, Exhumierungen usw. bereitgestellt. Zeitweise mussten auch der Holzaktion der alliierten Mächte sowie für Lebensmitteltransporte Kräfte zur Verfügung gestellt werden. Für alle diese Arbeiten wurden insgesamt 2,023.728 Arbeitsstunden von Nazi und 2,118.300 Arbeitsstunden von Nichtnationalsozialisten geleistet. ... Schließlich soll anerkennend festgestellt werden, dass den Wiener Frauen der Hauptanteil an diesen Arbeiten gebührt, sie haben in den meisten Fällen gleichwertige Arbeit geleistet". Die Arbeitspflicht ist damit in Wien beendet; ab nun können nur Freiwillige bei derartigen Tätigkeiten eingesetzt werden. Das "Neue Österreich" meldet, dass 500 Kinder aus Österreich zur Erholung in der Schweiz eingetroffen sind und es in Wien wieder zu Stromabschaltungen kommt. In den Sportnachrichten heißt es: "Es wird Ernst mit der Traberei!" und "Auch in der Freudenau geht's los!"
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Königreich Dänemark
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Eine Allparteienkoalition unte dem Liberaldemokraten Knud Kristensen bildet die erste Nachkriegsregierung in Dänemark.
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Freitag, 9. November 1945
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Französische Republik / Vereinigtes Königreich von Großbritannien und Nordirland / Sowjetunion / Vereinigte Staaten von Amerika (USA)
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In Paris tritt eine Reparationskonferenz zusammen, die mehrere Monate tagen soll.
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Zur Entwicklung in Österreich erklärt General Clark, der US-Oberkommandierende in Österreich, gegenüber der Nachrichtenagentur Reuter: "Wir sind äußerst optimistisch". In dem Gespräch zeigt er sich hinsichtlich Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmittel und Brennstoffen zuversichtlich. Von den Nazi ins Salzkammergut verschleppte und von der US-Armee beschlagnahmte Kunstwerke aus der Albertina und dem Kunsthistorischen Museum kommen zurück nach Wien. Die Kunstwerke sollten kurz vor Kriegsende auf Befehl des Gauleiters von "Oberdonau" Eigruber gesprengt werden, wurden jedoch von österreichischen Widerstandskämpfern gerettet. Kulturstadtrat Matejka erklärt vor Mitgliedern des KZ-Verbands unter anderem: "Der antifaschistische Block, den der KZ-Verband darstellt, muss auch in der Nazifrage in Aktion treten. Wie ist es möglich, dass die Nazi noch in ihren Villen und geräumigen Wohnungen sitzen können, während viele KZler und sonstige Antifaschisten nicht wissen, wo sie schlafen sollen? Die Nazis haben noch alles, Kleider, Möbel, Radioapparate und auch sonst allen Komfort. Ihre Opfer haben kaum etwas zum Anziehen, ganz zu schweigen von erträglichen Lebensbedingungen". Die Alliierte Kommandantur übt folgende Kritik: "Die Kommandanten der vier Besatzungsmächte erklären einstimmig, mit den bei der Verteilung der Lebensmittel an die Wiener Bevölkerung von der Stadtverwaltung gebrauchten Methoden außerordentlich unzufrieden zu sein. Dieser Vorwurf trifft hauptsächlich die für die Verteilung verantwortlichen Zentralstellen unter der Leitung von Stadtrat Fritsch und Oberamtsrat Werner". Gleichzeitig wird die Einsetzung einer Untersuchungskommission angekündigt. Zum Mangel an Arbeitskräften heißt es: "In Wien stehen gegenwärtig im Gebiet der Gaswerke 250 Waggon Kohle, die nicht entladen werden können und dadurch auch für den weiteren Antransport lebenswichtiger Güter blockiert sind".
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Samstag, 10. November 1945
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Bei der Sitzung des Alliierten Rates geben die Vertreter Großbritanniens und der USA bekannt, dass ihre Regierungen Vertreter bei der Provisorischen Staatsregierung Österreichs ernannt haben und diese einladen, ebenfalls Vertreter nach London bzw. Washington zu entsenden. Staatskanzler Renner tritt eine Reise in die westlichen Bundesländer an und macht in Linz für Gespräche mit der oberösterreichischen Landesregierung Station. Austro-Fiat liefert die ersten beiden Lastkraftwagen aus. Es handelt sich um 5-Tonner mit 110-PS-Dieselmotoren. In den Morgenstunden wird ein Einbruch in des Kostümdepot des Burgtheaters im Ronacher entdeckt. Das "Neue Österreich" schreibt: "Alle Kostüme sind verschwunden".
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Aktuelle Version vom 4. März 2024, 14:48 Uhr

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Weltchronik der ersten Dekade des November 1945


Ereignisse vom 01.-10. des Monats    Ereignisse vom 11.-20. des Monats     Ereignisse vom 21.-Ende des Monats


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01.11.1945
Frankreich.png USA 1912-1959.png
Französische Republik / Vereinigte Staaten von Amerika


02.11.1945
USA 1912-1959.png Großbritannien.png
Vereinigte Staaten von Amerika / Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland

Donnerstag, 1. November 1945 In einem Bericht des "Neuen Österreichs" über die jüngste Sitzung der Interalliierten Kommandantur heißt es: "Die Alliierte Kommandantur stellt mit größtem Missvergnügen fest, dass von seiten politischer Parteien Haushaltslisten und ähnliche Formblätter in Verkehr kommen, in denen die Frage der gegenwärtigen Zugehörigkeit zu einer der drei Parteien gestellt wird. Dieses Vorgehen ist im höchsten Grade unsauber und erinnert sehr an Nazimethoden. Die Alliierte Kommandantur erklärt daher kategorisch, alle Erzeuger, Herausgeber, aber auch Ausfüller derartiger Fragebögen zu bestrafen. Auch die Magistratsbehörde ist zu einer solchen Fragestellung nicht berechtigt". In den USA wird ein Komitee "Amerikahilfe für Österreich" gegründet. Die Schweiz startet eine Hilfsaktion für Oberösterreich. Bäckereibetriebe arbeiten am heutigen Feiertag bis 9 Uhr und verkaufen bis 11 Uhr Brot. Die übrigen Lebensmittelgeschäfte sind ebenfalls bis 11 Uhr geöffnet. Die Zerstörungen des Zentralfriedhofes - 500 Bombentreffer, 12.000 beschädigte oder vernichtete Gräber - wurden bereits zum Großteil beseitigt.

Freitag, 2. November 1945 In Berlin wird ein britischer Geheimdienstbericht über das Ende Hitlers veröffentlicht. Demnach "verübte Hitler am 30. April um 14.30 Uhr in der Reichskanzlei Selbstmord, indem er sich in den Mund schoss. Eva Braun vergiftete sich zur gleichen Zeit in der Kanzlei des Führers. Die beiden Leichen wurden verbrannt". Schweiz und Schweden beschließen die Anerkennung der österreichischen Regierung. Unterstaatssekretär Dr. Gruber erklärt gegenüber der Agence France Press, Österreich werde nach der Nationalratswahl um Aufnahme in die Vereinten Nationen ersuchen. Wiederholt werden "Tödliche Unfälle durch Leuchtgas" gemeldet. Wörtlich heißt es: "Infolge unsachgemäßer Handhabung der Gasleitung bzw. Schadhaftigkeit der Zuleitungen sind durch das Einatmen unverbrannt entweichenden Leuchtgases tödlich in ihren Wohnungen verunglückt". Im Anschluss daran werden eine alleinstehende Frau und zwei Ehepaare namentlich genannt. Die Straßenbahnlinie 118 nimmt den Betrieb auf dem letzten Streckenabschnitt zwischen Südbahnhof und Stadionbrücke wieder auf.

Samstag, 3. November 1945 Die Österreichische Gesellschaft vom Roten Kreuz nimmt ihre Arbeit wieder auf. In Zusammenhang mit einer Diskussion über den Grenzverlauf mit Jugoslawien berichtet das "Neue Österreich": "Schon hat die Kärntner Landesregierung angeordnet, dass in den Landesstellen mit sprachlich gemischter Bevölkerung jedes Kind beide Sprachen erlernen muss." Seit heute liegen bis einschließlich kommenden Donnerstag die Wählerverzeichnisse in den Magistratischen Bezirksämtern von 8 bis 12 und von 14 bis 18 Uhr zur Einsichtnahme auf. In periodischen Abständen erscheint im "Neuen Österreich" der Titel "Nicht auf dem Trittbrett stehen!" In Verbindung damit werden jeweils die neuesten Straßenbahn- und Stadtbahnunfälle gemeldet.

Sonntag, 4. November 1945 Nach einem Bericht der "New York Herald Tribune" werden die Lebensmittellieferungen nach Österreich verdreifacht. Unter anderem sollen in den nächsten Monaten 800 Tonnen Zucker, 740 Tonnen Fett sowie Trockenmilch, Eipulver und Kaffee geliefert werden. Die ÖVP veröffentlicht ihren Wahlaufruf. Darin heißt es: "Die Österreichische Volkspartei tritt mit keinen Versprechungen vor ihre Wähler, sondern mit dem heißen Bekenntnis zu Österreich, zur österreichischen Mäßigung, die jeden mitarbeiten lassen will, der ehrlichen Willens ist auch dann, wenn er zeitweise Fehler begangen hat. Die Österreichische Volkspartei ist eine neue Partei, sie ist eine junge Partei, sie ist keine Partei von gestern, sie ist eine Partei von heute und morgen. Die Österreichische Volkspartei will ein neues, ein schöneres Österreich. Wer daran mitarbeiten will, ist willkommen, wo immer er auch gestern oder vorgestern gestanden hat, wenn er sich zu Österreich bekennt und frei von Schuld ist. Wir wollen das wahre demokratische, freie und selbständige Österreich. Wer hierbei mithelfen will, der wähle die Österreichische Volkspartei!" Nach einem Beschluss des Stadtsenats ist ein "Zeitgemäßer Umbau der Staatsoper" geplant. Für diesen Zweck wird ein Architektenwettbewerb ausgeschrieben und ein Betrag von 30 Millionen RM budgetiert.

Montag, 5. November 1945 In der Woche bis 10. November werden in Wien folgende "Abschnitte der Lebensmittelkarte VII zur Einlösung" aufgerufen: "Brot und Mehl sind auf alle Abschnitte mit der Wochenbezeichnung III bzw. II/IV zu beziehen.... Hülsenfrüchte werden auf die über Hülsenfrüchte lautenden und mit der Wochenbezeichnung III versehenen Abschnitte verteilt. An Stelle von Hülsenfrüchten ist nach Lage des Vorrats der Bezug von Erbsenmehl, Bohnenmehl oder Maisgrieß möglich. Ein Anspruch auf eine bestimmte Sorte dieser Waren besteht nicht. Ohne Anspruch auf eine bestimmte Fettsorte kommen auf die mit III bezeichneten Abschnitte Speiseöl oder Schmalz zur Ausgabe....Als Fleischersatz werden im Laufe dieser Woche Käse und Trockenei geliefert. Es erhalten alle Personen über drei Jahre auf die beiden zusammenhängenden mit III bezeichneten 100 Gramm Fleischabschnitte je 75 Gramm Käse...." Die Wiener Stadt- und Landesbibliothek im Rathaus ist wieder zugänglich.

Dienstag, 6. November 1945 Der Kabinettsrat beschließt ein Rechtsanwendungsgesetz, das die Ausdehung der Gesetzgebung der provisorischen Regierung ab 10. November auf ganz Österreich vorsieht. Die Militärbehörden Großbritanniens überlassen der Gemeinde Wien 500 Lastkraftwagen, alles Fahrzeuge der ehemaligen deutschen Wehrmacht, die in Kärnten erbeutet wurden. Nach einem Bericht des "Neuen Österreich" ist "Der Weg zur Memphis noch weit". Aufgrund des Mangels an Energie und Transportmitteln läßt die Aufnahme der Zigarettenproduktion in Ostösterreich auf sich warten. Überdies ist Österreich von seinen traditionellen Rohtabak-Lieferländern abgeschnitten. Das Auftauchen von Zigaretten aus heimischer Produktion auf dem Schwarzmarkt wird damit erklärt, dass das Vorratslager der Tabakwerke im Arsenal kurz vor Kriegsende geplündert wurde. Ab heute gibt es wieder Straßenbeleuchtung auf der Ringstraße und in Teilen des 3. und 9. Bezirks. Eine Reparatur der II. Wiener Wasserleitung macht ihre Unterbrechung zwischen 9. November um 8 Uhr und 12. November um 18 Uhr erforderlich. In dieser Zeit ist Baden und Wäschewaschen verboten.

Mittwoch, 7. November 1945 Auf Initiative der amerikanischen Militärverwaltung treffen aus der Tschechoslowakei 17 Eisenbahnwagen mit Fensterglas für die Bevölkerung in Wien ein. Wegen Brennstoffmangels muss die Lokalbahn Wien - Baden den Betrieb vorübergehend einstellen. Unter dem Titel "Der Kampf gegen den Schleichhandel" berichtet das "Neue Österreich", dass die Wirtschaftspolizei bei Razzien im Resselpark und am Naschmarkt 32 bzw. 51 Personen verhaftet hat.

Donnerstag, 8. November 1945 Unter dem Vorsitz von Bürgermeister Körner sowie in Anwesenheit von Mitgliedern des Stadtsenats und sämtlicher Bezirksvorsteher zieht Vizebürgermeister Speiser Bilanz über die Gemeinschaftsarbeit in Wien. Wörtlich sagt er: "In den abgelaufenen acht Wochen wurden in den 21 Gemeindebezirken rund 128.000 Kubikmeter Schutt abgetragen.... Aus den Schuttmassen wurden alle für den Wiederaufbau der Stadt noch brauchbaren Materialien gesondert und gelagert, es wurden Ziegel vom Mörtel gereinigt und geschlichtet. Sand gesiebt und abgeführt,... Außer den gemeldeten Müll- und Schuttmengen wurden 1,275.000 Kilogramm Alteisen und Schrott aus acht Bezirken weggeführt, ferner in acht Bezirken 2,241.000 Ziegel gesammelt, ... Außerdem wurden Arbeitskräfte für Reparaturen am Gas-, Wasserleitungs- und Stromnetz, bei Dachreparaturen, Instandsetzungsarbeiten in Park- und Gartenanlagen sowie in Friedhöfen für die Aushebung von Gräbern, Exhumierungen usw. bereitgestellt. Zeitweise mussten auch der Holzaktion der alliierten Mächte sowie für Lebensmitteltransporte Kräfte zur Verfügung gestellt werden. Für alle diese Arbeiten wurden insgesamt 2,023.728 Arbeitsstunden von Nazi und 2,118.300 Arbeitsstunden von Nichtnationalsozialisten geleistet. ... Schließlich soll anerkennend festgestellt werden, dass den Wiener Frauen der Hauptanteil an diesen Arbeiten gebührt, sie haben in den meisten Fällen gleichwertige Arbeit geleistet". Die Arbeitspflicht ist damit in Wien beendet; ab nun können nur Freiwillige bei derartigen Tätigkeiten eingesetzt werden. Das "Neue Österreich" meldet, dass 500 Kinder aus Österreich zur Erholung in der Schweiz eingetroffen sind und es in Wien wieder zu Stromabschaltungen kommt. In den Sportnachrichten heißt es: "Es wird Ernst mit der Traberei!" und "Auch in der Freudenau geht's los!"

Königreich Dänemark Eine Allparteienkoalition unte dem Liberaldemokraten Knud Kristensen bildet die erste Nachkriegsregierung in Dänemark.


Freitag, 9. November 1945 Französische Republik / Vereinigtes Königreich von Großbritannien und Nordirland / Sowjetunion / Vereinigte Staaten von Amerika (USA) In Paris tritt eine Reparationskonferenz zusammen, die mehrere Monate tagen soll.

Zur Entwicklung in Österreich erklärt General Clark, der US-Oberkommandierende in Österreich, gegenüber der Nachrichtenagentur Reuter: "Wir sind äußerst optimistisch". In dem Gespräch zeigt er sich hinsichtlich Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmittel und Brennstoffen zuversichtlich. Von den Nazi ins Salzkammergut verschleppte und von der US-Armee beschlagnahmte Kunstwerke aus der Albertina und dem Kunsthistorischen Museum kommen zurück nach Wien. Die Kunstwerke sollten kurz vor Kriegsende auf Befehl des Gauleiters von "Oberdonau" Eigruber gesprengt werden, wurden jedoch von österreichischen Widerstandskämpfern gerettet. Kulturstadtrat Matejka erklärt vor Mitgliedern des KZ-Verbands unter anderem: "Der antifaschistische Block, den der KZ-Verband darstellt, muss auch in der Nazifrage in Aktion treten. Wie ist es möglich, dass die Nazi noch in ihren Villen und geräumigen Wohnungen sitzen können, während viele KZler und sonstige Antifaschisten nicht wissen, wo sie schlafen sollen? Die Nazis haben noch alles, Kleider, Möbel, Radioapparate und auch sonst allen Komfort. Ihre Opfer haben kaum etwas zum Anziehen, ganz zu schweigen von erträglichen Lebensbedingungen". Die Alliierte Kommandantur übt folgende Kritik: "Die Kommandanten der vier Besatzungsmächte erklären einstimmig, mit den bei der Verteilung der Lebensmittel an die Wiener Bevölkerung von der Stadtverwaltung gebrauchten Methoden außerordentlich unzufrieden zu sein. Dieser Vorwurf trifft hauptsächlich die für die Verteilung verantwortlichen Zentralstellen unter der Leitung von Stadtrat Fritsch und Oberamtsrat Werner". Gleichzeitig wird die Einsetzung einer Untersuchungskommission angekündigt. Zum Mangel an Arbeitskräften heißt es: "In Wien stehen gegenwärtig im Gebiet der Gaswerke 250 Waggon Kohle, die nicht entladen werden können und dadurch auch für den weiteren Antransport lebenswichtiger Güter blockiert sind".

Samstag, 10. November 1945 Bei der Sitzung des Alliierten Rates geben die Vertreter Großbritanniens und der USA bekannt, dass ihre Regierungen Vertreter bei der Provisorischen Staatsregierung Österreichs ernannt haben und diese einladen, ebenfalls Vertreter nach London bzw. Washington zu entsenden. Staatskanzler Renner tritt eine Reise in die westlichen Bundesländer an und macht in Linz für Gespräche mit der oberösterreichischen Landesregierung Station. Austro-Fiat liefert die ersten beiden Lastkraftwagen aus. Es handelt sich um 5-Tonner mit 110-PS-Dieselmotoren. In den Morgenstunden wird ein Einbruch in des Kostümdepot des Burgtheaters im Ronacher entdeckt. Das "Neue Österreich" schreibt: "Alle Kostüme sind verschwunden".


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