Chronik 1945.08-II

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Weltchronik der zweiten Dekade des August 1945


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01.08.1945
Frankreich.png USA 1912-1959.png
Französische Republik / Vereinigte Staaten von Amerika


02.08.1945
USA 1912-1959.png Großbritannien.png
Vereinigte Staaten von Amerika / Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland

11. August 1945

Im "Neuen Österreich" erscheint eine Glosse mit dem Titel "Das neue Telephonbuch". Darin heißt es: "Es ist etwas übertrieben, von einem neuen Telephonbuch zu sprechen, und fern von Selbstüberhebung nennt es sich auch selbst mit dem richtigen Namen: Verzeichnis der derzeit in Wien eingeschalteten Fernsprechstellen. Zwölf Seiten, ein paar hundert Telefonnummern -das ist alles." An anderer Stelle fragt das Blatt "Kommt der 'Fetzenklauber' wieder?" und meint: "Textilabfälle - ein wichtiger Rohstoff". Der Landwirtschaft wird die Ablieferung von rund 56.000 Tonnen Gerste auferlegt. Davon sollen 12.000 Tonnen zur Biererzeugung, 14.000 Tonnen zur Herstellung von Kaffee-Ersatz und 30.000 für die Produktion von Nährmittel dienen.

JAPANS KRIEG MIT Vereinigte Staaten von Amerika (USA) Antwort der Alliieren an Japan. Der japanische Kaiser, über den ein Oberbefehlshaber gesetzt wird, ist für die Durchführung der Beschlüsse von Potsdam verantwortlich. Allierte Truppen bleiben auf japanischem Boden, bis die Bedingungen der Kapitulation erfüllt sind.

12. August 1945

Die Alliierten nehmen die Kapitulation Japans vorläufig nur bedingt an. Die Kampfhandlungen im Pazifik werden fortgesetzt. In Salzburg werden die Festspiele eröffnet. Bis 1. September wird es sechs Aufführungen von Mozarts "Entführung aus dem Serail", fünf Orchester- und drei Kirchenkonzerte, fünf Serenaden und mehrere Solistenkonzerte geben. Aus Salzburg wird das Eintreffen von 2.000 Österreichern gemeldet, die in Norwegen in alliierte Kriegsgefangenschaft geraten sind. Das "Neue Österreich" veröffentlicht eine "Zweite Liste von auf dem Wiener Zentralfriedhof beerdigten Hingerichteten". Sie enthält 141 Namen, nachdem im Juni bereits 204 Namen von Naziopfern veröffentlicht wurden, deren Angehörige ebenfalls nicht über den Ort der Beerdigung informiert worden waren. Nach einer Mitteilung aus dem Rathaus ist ein wesentlicher Teil der Großschäden an den Wiener Gasleitungen bereits repariert. In einzelnen niederösterreichischen Gemeinden bürgern sich "Erntedankopfer" statt Erntedankfesten ein; sie werden nach dem Landeshauptmann auch "Figl-Spenden" genannt, stammen aus dem Eigenbedarf der Bauern und kommen vorwiegend Wiener Spitälern und der "Volkssolidarität" zugute.


13. August 1945

Im französischen Sektor Wiens sollen laut Wohnungsamt "Angehörige der französischen Nation in Untermiete untergebracht werden. Das Wohnungsamt appelliert an die Bewohner dieser Bezirke, solche Quartiere zur Verfügung zu stellen. In Frage kommen getrennte Räume mit Schlafgelegenheit samt Bettwäsche." Das Patentamt hat wieder die Arbeit aufgenommen.

JAPANS KRIEG MIT Vereinigte Staaten von Amerika (USA) Ende der amerikanischen Luftoffensive auf Japan.

14. August 1945

Japan kapituliert bedingungslos, der Zweite Weltkrieg ist zu Ende. Der US-Staatssekretär Clayton erklärt in London, dass "England und Amerika von Österreich keine Reparationen verlangen". Für das Mühlviertel wird ein "Staatsbeauftragter" bestellt. Dazu erklärt Staatssekretär und Landeshauptmann Figl: "Niederösterreich vertritt den Standpunkt, dass an der Einheit Oberösterreichs nicht gerüttelt werden darf, .. Es ist mir gelungen, diesen Standpunkt auch in der Regierung durchzusetzen, und so wurde nun für die Verwaltung Oberösterreichs links der Donau (des Mühlviertels) ein eigener Staatsbeauftragter ... eingesetzt, der seine Aufgabe wohl mit den Befugnissen eines Landeshauptmannes, jedoch im Namen des Landeshauptmannes von Oberösterreich durchzuführen hat". In einer Versammlung fordern die Wiener Siemens-Arbeiter die Verstaatlichung des Unternehmens.

15. August 1945

JAPANS KRIEG MIT Vereinigte Staaten von Amerika (USA) „Siegestag“ („VJ-Day“ = Sieg über Japan) der Alliierten; der Waffenstillstand tritt in Kraft.

INDOCHINA Nach dem japanischen Zusammenbruch setzt die revolutionäre Viet-minh-Bewegung unter dem in Moskau geschulten Ho Tschi-minh den Kaiser Bao Dai von Annam ab, übernimmt die Macht und errichtet die Republik Viet-minh, bestehend aus Tongking, Annam und Kotschinchina mit der Hauptstadt Hanoi.

Um 1 Uhr mitteleuropäischer Sommerzeit wird in London der Wortlaut der bedingungslosen Kapitulation Japans bekanntgegeben. Premierminister Attlee sagt im Rundfunk: "Japan hat kapituliert. Der letzte Feind Englands liegt auf dem Boden." Im Großen Schwurgerichtssaal des Landesgerichts in Wien beginnt der erste Prozess vor einem Volksgericht. Vier SA-Männer sind angeklagt, 102 Juden umgebracht zu haben. Bürgermeister Körner schlägt im Stadtsenat vor, eine Initiative zur "Gemeinschaftsarbeit aller Wiener" zu ergreifen. Sie soll zur raschen Beseitigung von Müll und Schutt auf den Straßen der Stadt beitragen. In einer Vorschau auf die "Wiener Ernährung in den kommenden Wochen" berichet das "Neue Österreich", dass es bei den neuen Brotkarten statt bisher fünf nur mehr drei Stufen geben wird. Kinder und nicht berufstätige Verbraucher werden die gleiche Ration wie Angestellte bekommen. Das "Amtsblatt der Stadt Wien" erscheint wieder. Das Radio bringt eine Sensation: Von den Salzburger Festspielen wird "Entführung aus dem Serail" übertragen. Es ist die erste Gemeinschaftssendung aller österreichischen Stationen - und für lange Zeit auch die letzte.


16. August 1945

JAPANS KRIEG MIT Vereinigte Staaten von Amerika (USA) Eine japanische Abordnung begibt sich im Flugzeug nach Manila zur Kapitulationskonferenz.

Staatssekretär Honner wird vom Oberkommando der Roten Armee mitgeteilt, dass die Sowjetunion bereit ist, österreichische Kriegsgefangene freizulassen, die sich in Frontlagern in Österreich, der Tschechoslowakei und Ungarn befinden, sofern es sich um keine Angehörigen von SS, SA oder SD handelt. Aus der Welt des Sports wird gemeldet: "Unsere Mannschaften sind aufgestellt". Gemeint ist das erste Fußballänderspiel nach dem Krieg gegen Ungarn in Budapest sowie ein Städtevergleichskampf gegen Budapest in Wien. In Wien und in Zürich werden Vereine zur Pflege der Beziehungen zwischen Österreich und der Schweiz gegründet, außerdem in Wien ein Verein für die Beziehungen zu Jugoslawien.

Freitag, 17. August 1945 US-Staatssekretär Clayton beantragt in einer Sitzung der Hilfsorganisation der Vereinten Nationen, UNRRA, dass auch Italien und Österreich unterstützt werden. Wörtlich sagt er: "Nur wenn die UNRRA hilft, kann Österreich wieder seinen Platz unter den friedliebenden Völkern finden. Der Bedarf Österreichs ist nicht so groß, dass er die Vorräte der Vereinten Nationen schwächen würde. Österreich...wird, wenn es diesen Winter überdauert, zu neuem Wohlstand wieder aufblühen". Der Volksgerichtshof verhängt in seinem ersten Verfahren über drei der vier Angeklagten ("Neues Österreich": "Die Judenmörder von Engerau") Todesstrafen. Das Erscheinen der ersten österreichischen Wochenschau, der "Austria-Wochenschau", wird mit einer Uraufführung gefeiert. Fußballtormann Walter Zeman wechselt vom FC Wien zu Rapid.

Samstag, 18. August 1945 Das "Neue Österreich" berichtet, dass in Niederösterreich weitere Massaker an Juden aufgedeckt wurden. Als Tatorte werden Göstling, Randegg, Gresten und Scheibbs angeführt. In einem Bericht über die Lage des Eisenbahnverkehrs schreibt das Blatt: "Es ist bekannt, dass sich unsere Wiener Bahnhöfe seit langem für den immer stärker werdenden Verkehr als viel zu klein erwiesen haben. Auch ihre Lage erscheint in mancher Beziehung unvorteilhaft, so dass der Wunsch nach einem modernen Zentralbahnhof in Wien immer dringlicher erhoben wurde." Beim Wiederaufbau biete sich die Chance, dieses Ziel zu verwirklichen. Der Polizeipräsident appelliert angesichts des steigenden Verkehrs an die Fußgänger, "die Gehwege zu benützen und die Straßen mit der nötigen Vorsicht und ohne Aufenthalt zu überqueren". Die Linie 59 wird von der Dommayergasse in Hietzing bis zur Kaiserstraße und die Linie 71 vom Betriebsbahnhof Simmering über die Landstraßer Hauptstraße bis zur Stadtbahnstation Stadtpark geführt.

Sonntag, 19. August 1945 Unter Beteiligung von Vertretern der alliierten Truppen und der provisorischen Regierung sowie zehntausender Zuschauer wird das sowjetische Heldendenkmal am Schwarzenbergplatz enthüllt. Sprecher aller drei demokratischer Parteien Österreichs würdigen die Rolle der Roten Armee bei der Befreiung von Wien und Österreich. Bürgermeister Körner übernimmt die Betreuung des Denkmals in die Verantwortung der Gemeindeverwaltung. Bei der Errichtung des Denkmals nach Plänen sowjetischer Künstler waren bis zu 400 Arbeiter im Einsatz. Es wurden unter anderem für für die elfeinhalb Meter hohe Soldatenfigur 15 Tonnen Bronze und 300 Quadratmeter Marmorplatten verarbeitet und 500 Kubikmeter Erde bewegt. Österreich verliert das erste Länderspiel nach der Befreiung gegen Ungarn vor 50.000 Zuschauern in Budapest mit 0:2; die Wiener Stadtauswahl wird von Budapest vor 22.000 Zuschauern am Rapid-Platz mit 3:6 besiegt. Die Gästemannschaften wurden mit sowjetischen Militär-LKW zu den Spielen gebracht. Dem österreichischen Team wurde später der Schmuggel von Lebensmitteln und Zigaretten vorgeworfen.

Montag, 20. August 1945 Im Gemeinderatssaal tritt unter dem Vorsitz von Bürgermeister Körner die beratende Körperschaft zusammen, die von der Gemeindeverwaltung einberufen wurde, um eine Generaldebatte über die vom Stadtsenat für September beschlossene Gemeinschaftsarbeit abzuhalten. Dabei werden erste Richtlinien für Art der Arbeiten und Zusammensetzung der Arbeitskräfte entwickelt. Vom Wagenpark der Wiener Feuerwehr, der auf Befehl der SS während der letzten Kriegstage in den Westen verlagert wurde, konnten mit Hilfe der amerikanischen und sowjetischen Militärbehörden 50 Fahrzeuge nach Wien zurückgeholt werden. Die Wiener Friseurinnung veröffentlicht folgende Mitteilung: "Aus technischen Gründen ist es nicht möglich, die Friseurgeschäfte mit dem entsprechenden Quantum an Rasierseife zu versorgen. Deshalb ergeht an das männliche Publikum die Bitte, ihre (sic!) eigene Rasierseife mitzubringen."

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